Fusion mit Bafög bezahlt

■ Zahnmediziner erhalten weniger Bafög / Senator für Wissenschaft: Zahnmedizin-Gesetz verfehlt gesteckte Ziele

Lügen haben kurze Beine, falsche Versprechen auch. Den nach Bundes-Ausbildungsförderungs- Gesetz (Bafög) geförderten Zahnmedizin-Studierenden war von Politikern mehrfach versichert worden, ihre Stipendien würden sich nicht ändern, wenn die zahnmedizinischen Fachbereiche der Freien und der Humboldt-Universität zusammengelegt werden. Jetzt kommt es doch anders. Ein Teil der StudentInnen bekommt nach der Fusion mindestens 75 Mark weniger Bafög. Das schreibt Wissenschaftsstaatssekretär Erich Thies in einem von den Grünen angeforderten Bericht zur Neuordnung der Zahnmedizin. Der Grüne Bernd Köppl kritisiert, „daß die Studenten wegen einer Strukturveränderung von oben einen Teil ihres Bafögs verlieren“.

Den angehenden Zahnärzten war ihr Widerstand gegen die Fusion mit dem Versprechen ausgeredet worden, sie würden ihre vollen (West)-Bafög-Sätze behalten. Das auch dann, wenn sie — wegen der Fusion — künftig an der in Ostberlin liegenden Charité studieren würden. Wissenschaftssenator Manfred Erhardt sowie die Parlamentarier Eberhard Engler (CDU), Bert Flemming (SPD) und Michael Tolksdorf (FDP) hätten ihm dies versprochen, berichtete der Student Sigurd Pohl der taz. Diese Zusage wurde in der entscheidenden Sitzung des Wissenschaftsausschusses wiederholt. Damit erlange sie Rechtskraft, hatte es Ende November letzten Jahres geheißen. Das Bafög-Problem war aufgetaucht, weil die Zahnklinik Nord der Freien Universität künftig der Charité zugeordnet wird. Im Osten aber ist der Bafög-Satz niedriger als im Westen. Betroffen vom teilweisen Verlust der Ausbildungsförderung sind jene StudentInnen, die an der Zahnklinik Nord studieren und ihren Wohnsitz im Osten haben. Sie können künftig weniger an Bedarf für Miete geltend machen. Er liegt bei 225 statt bisher 300 Mark.

Eine weitere „herbe Enttäuschung“ wäre die gebrochene Vereinbarung für ihn, sagte der Zahnmedizin-Fachschaftler Sigurd Pohl. Ganz überraschend kommt die Situation jedoch nicht. Pohl selbst hatte das Gesetz damals der taz gegenüber als „schwachsinnig“ bezeichnet. Die Fusion der Zahnmedizin galt von Anfang an als kompliziertes Unterfangen. Das bestätigt der nun von Wissenschaftsstaatssekretär Thies vorgelegte Bericht. Weder sei damit die Absenkung der Zulassungszahlen zu erreichen; Thies listet hier eine Reihe von „kapazitätsmäßigen Risiken auf“, die dazu führen, daß sich teilweise sogar mehr StudienanfängerInnen über die Verwaltungsgerichte einklagen können, noch seien kurzfristige Einsparungen an den neuen Zahnmedizin- Fachbereichen zu erwarten. Wegen der möglichen Entlastungen für den berlinischen Haushalt aber hatte der Senat die Fusion der Zahnmedizin überhaupt erst in Angriff genommen.

Um den Bafög-Klau zu umgehen, empfiehlt der Grüne Bernd Köppl, bei den zuständigen Behörden einen Westwohnsitz anzugeben. Christian Füller