: Neues zu Dioxin & Schönberg nur ein Tippfehler?
■ Streit um Gift-Ablagerung auf der Mecklenburger Deponie wird zum Dauerbrenner
Neue Vorwürfe, neue Dementis: Der Streit darum, ob die Firmen Hoffmann La Roche und Mannesmann dioxinverseuchte Abfälle aus Seveso auf der Schoenberger Mülldeponie abgelagert haben, geht in die nächste Runde. Gestern hatte die „Berliner Zeitung“ neue Unterlagen aus dem ehemaligen DDR-Umweltministerium präsentiert, mit denen ihrer Ansicht nach erstmals bewiesen werden könnte, daß das Ultragift tonnnenweise auf Europas größter Halde für Sonderabfälle gelagert wurde.
Diese Akten will nun der Schönberg-Untersuchungsausschuß im Schweriner Landtag unverzüglich prüfen. Das Gremium werde die „Berliner Zeitung“ um Einsicht in die ihr vorliegenden Papiere bitten, kündigte Ausschußsekretär Rolf Christiansen gestern an. Nach dem Bericht der Zeitung wurden mindestens 47,5 Tonnen des Seveso-Giftes in Schönberg verbuddelt. Zwar hätten die Deponie-Betreiber einen Antrag von Mannesmann Italiana zur Ablagerung dioxinverseuchter Metallteile aus Seveso im März 1982 offiziell abgelehnt, ihn aber anschließend trotzdem ausgeführt.
Denn der abgelehnte Mannesmann-Antrag „I 18/82“ taucht in einem Ende 1985 erstellten deponieinternen Papier wieder auf: in der Rubrik „Aufgliederung der verbrachten Abfallstoffe“ unter der Kategorie „Abfallstoffgruppe 6 – sonstige Abfälle“. Vermutlich um Spuren zu verwischen, wurden die Abfälle umdeklariert: als Calziumchlorid-Rückstände.
Das Umweltministerium von Mecklenburg-Vorpommern hat inzwischen die Behauptungen der „Berliner Zeitung“ erwartungsgemäß dementiert. Alles nur ein Tippfehler, lautet die Kunde aus Schwerin. Denn fälschlicherweise sei in dem von dem Blatt veröffentlichten Dokument statt der richtigen Antragsnummer I 19/82 die falsche Kennziffer I 18/82 angegeben worden.
Alle Dioxin-Abfälle aus Seveso, darüber ist sich die Ministeriumssprecherin Monika Effenberger trotz zweifelhafter Indizienlage sicher, seien in Basel verbrannt oder in Italien deponiert worden. Effenberger: „Es besteht kein Anlaß zum Zweifel hieran“.
Marco Carini
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