: BKA-Gutachten durchkreuzt RAF-Prozeß
■ Im Frankfurter Verfahren gegen Eva Haule wird eine entlastende Expertise bisher zurückgehalten
Berlin (taz) – Ausgerechnet Terrorismusexperten des Bundeskriminalamts (BKA) stellen die Anklage gegen die RAF-Gefangene Eva Haule in Frage. Für eine direkte Beteiligung Haules an dem Bombenanschlag eines RAF-Kommandos auf die US Air-base und an der Ermordung des GIs Edward Pimental im August 1985 gebe es „keinen Beleg“, heißt es in einem sogenannten Auswertungsbericht aus der für die Ermittlungsarbeit zuständigen Terrorismusabteilung (TE11) des BKA. Das Papier vom 13. Dezember letzten Jahres liegt der taz vor. Von den zuständigen Behörden wird es unter Verschluß gehalten. Gegen die bereits zu 15 Jahren Verurteilte wird heute vor dem Oberlandesgericht Frankfurt weiter verhandelt.
In dem 21 Seiten umfassenden BKA- Bericht werden jene beiden Schriftstücke einer detaillierten Analyse unterzogen, auf die sich die Anklage der Bundesanwaltschaft gegen Haule bisher stützt. Die beiden der Angeklagten zugeschriebenen Papiere setzen sich – zum Teil in der Wir- Form – mit der RAF-Strategie und dem Air-base-Anschlag auseinander, bei dem neben Pimental zwei weitere Angehörige der US-Armee getötet wurden. Die Kassiber waren 1990 in der Zelle einer Mitgefangenen Haules entdeckt worden. Die Anklage behauptet, aus ihnen gehe die direkte Teilnahme Haules an dem RAF- Kommando hervor.
Dem widerspricht die BKA-Expertise vom vergangenen Dezember diametral. Zwar berichte die RAF-Gefangene über den Air-base-Anschlag häufig in der Wir- Form. Damit bezeichne sie jedoch eindeutig „nicht die ausführenden Täter, sondern die RAF als Kollektiv, zu dem sie sich zählt“.
Außerdem benutze sie „immer dann, wenn es um Passagen geht, die mit der unmittelbaren Tatausführung in Verbindung stehen, nicht mehr die Wir-Form“. Alles in allem enthielten „die Aufzeichnungen keinen Nachweis dafür, daß Eva Haule an der unmittelbaren Tatausführung ... beteiligt war“, resümieren die Ermittler des Bundeskriminalamtes.
Der hauptverantwortliche Autor des aufsehenerregenden Papiers aus dem BKA soll zum 1. Februar aus der Abteilung TE11 versetzt werden, heißt es in einem anonymen Schreiben unter BKA- Briefkopf, das der taz zuging. Ziel sei eine „konformere und vorgabehörige Abteilung für Terrorismusbekämpfung“. gero
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