: “Das Abriß-Tabu muß fallen“
■ Die SAGA präsentiert ihr Programm gegen die Hamburger Wohnungsnot: Neue Hochhaussiedlungen soll es nicht geben Von Marco Carini
Schäppchen-Mieten und Genossenfilz; so hießen die SAGA-Schlagworte des Wortes 1993. Doch von den Vorwürfen des „SAGA-Skandal“, made bei Robert Vogel, ist wenig geblieben.
Außer einem beträchtlichen Imageverlust für die SAGA, Marke: Irgendwas bleibt immer hängen. Deshalb warb Saga-Chef Hartmut Brosius gestern um „Verständnis und Vertrauen“ für den Wohnungsgiganten. Und präsentierte die neuesten Zahlen und Fakten.
Stichwort Neubauten: Nach mehrjährigem Neubaustop will die SAGA in Zukunft 600 bis 700 Wohnungen jährlich erstellen. Für mehr fehlen laut Saga-Chef Hartmut Brosius „die Fläche und das Geld“. Doch neben über 200 neuen Dachgeschoß-Wohnungeneinheiten und zahlreichen Baustellen ist von dem vermeintlichen SAGA-Bauboom bislang wenig zu spüren: Von den 1992 begonnenen Neubauvorhaben konnten bislang nur 62 Wohnungen an der Billstedter Kapellenstraße bezogen werden.
Große Neubauprojekte wird es kaum geben: Die Verdichtung bestehender Siedlungen, Dachgeschoßausbauten und Geschoßaufstockungen steht im Vordergrund. So entstehen von den 416 Wohnungen, mit deren Bau 1994 begonnen werden soll, nicht weniger als 380 durch Aufstockungen bestehender Wohnblocks. Zusätzlich sollen im laufenden Jahr weitere 330 Wohneinheiten durch den Ausbau von Dachgeschossen entstehen.
Denn große Freiflächen für neue Siedlungen sind Mangelware. Ausnahme: Die geplanten Siedlungen in Allermöhe und Neugraben- Fischbek sowie die freiwerdenden Kasernen der Hansestadt. „Hinter denen sind wir wie die Aasgeier her“ betont SAGA-Chef Hartmut Brosius. Doch trotz Flächenmangel will die Wohnungsgesellschaft auch in Zukunft höchstens fünf Stockwerke aufeinandersetzen. „Mit mir wird es keinen 15 bis 20geschossigen Wohnungsbau geben“, betont Brosius, „die durch die Anonymität entstehenden sozialen Folgekosten sind zu hoch“.
Nachdenken will die SAGA auch darüber, erstmals alte Häuser abzureißen, um anschließend durch konzentriertere Bauweise an gleicher Stelle wesentlich mehr Wohnraum zu errichten. Brosius: „Das Abriß-Tabu muß fallen, denn die Sanierung ist oft teurer als ein Neubau mit mehr Wohnfläche“.
Um die Wohnungsnot und die Konzentration von „Problemmietern“ vor allem in den SAGA-Siedlungen Großlohe, Heimfeld-Nord und Kirchdorf-Süd auch nur annähernd in den Griff zu bekommen, sind nach Auffassung der SAGA aber noch weitere Schritte nötig.
So müßte durch eine Veränderung der Belegungsrichtlinien und eine Anhebung der Einkommensgrenzen eine bessere „soziale Durchmischung“ der SAGA-Problemgebiete angestrebt werden. Ein weiteres Problem: Bis zum Jahr 2000 laufen 7.000 SAGA-Wohnungen aus der Mietpreisbindung, weit mehr als neu gebaut werden. Die Zahl der SAGA-Sozialwohnungen wird also sinken, der in dieser Stadt weiterhin wachsenden Nachfrage nach billigem Wohnraum zum Trotz.
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