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Die Parfümprüfung Von Claudia Kohlhase

Zu den schönsten Vergnügungen gehört, sich mit Dingen zu schmücken, die einen nichts angehen und trotzdem lange halten, etwa Parfüm.

Zwar ist der Eindruck insgesamt ein flatterhafter, aber es gibt auch bleibende Erinnerungen, zum Beispiel den Parfümtest im Kaufhaus: Du kannst dich mit Fußnoten einnebeln, bis dir schlecht wird oder wie von ungefähr eine Verkäuferin daherkommt und gleich einschreitet. Dann kannst du zwar immer noch sagen, du suchst etwas Bestimmtes, vielleicht eine Art Vanille-Veilchen-Weihrauch, jedenfalls, was noch niemals ein Mensch oder eine Verkäuferin gerochen haben dürfte – aber wenn du Pech hast, nimmt sie sich vor, dich jetzt mal ernsthaft und also endgültig zu beraten.

Du möchtest erschrocken einwenden, daß die Vanille aber ins Sahnige spielen müßte, da greift sie schon, zack, ins klirrende Flakon- Vorkommen und hebt lautlos ein Fläschlein heraus, das verdächtig schrecklich nach anthroposophischer Kirche mit unorthodoxem Zwiebelturm aussieht.

Diskret wie eine Gewitterwolke sprüht sie dir diesen Geruch nun aufs Handgelenk, wo sich ja schon ganz andere Düfte stapeln. Und tapfer schnüffelst du in die Wolke und tust so, als könnte deine Nase noch Zwiebel von Weihrauch unterscheiden.

Ein bißchen fehlt mir da doch noch das Sahnige, sagst du so entschieden wie möglich und schüttelst deinen Arm, als hingen keine Gewichte dran. Und sofort taucht sie wieder in die Glitzerwelt und sucht diese oder jene sagenhafte Kreation, die an südliche Nächte und Mandeln im Haar erinnert.

Okay, denkst du, Mandeln im Haar, so was hatt' ich noch nie, warum nicht? Und schon sprüht sie dir triumphierend die Mandeln und den Süden in die Nase, welche sich endlich mit erhobenen Händen ergeben möchte.

Aber nix da: Immer neue Wolken brauen sich über dir zusammen. Und da nützt es auch nichts, daß du anfängst zu röcheln oder Zuflucht nimmst zur Wahrheit, dich und auch sonst niemand mehr riechen zu können: etwa sechzehn Duftnoten kleben jetzt wie Pech und Schwefel, und immer noch will sie dir helfen, deine fruchtige Persönlichkeit zu treffen bzw. erst mal zu finden. Ja, sie fragt sogar nach deinen Hobbies. Gott behüte, denkst du, habe ich etwa Hobbies?

Nein, es hilft auch nicht, das meiste als zu flach für deinen gehobenen Charakter zu brandmarken: da kennt sie nichts und greift zu immer höhren Preisen oder Zwiebeltürmen auf Wolkenkratzern. Hier kommt jetzt einfach niemand mehr weg, ohne seinen Aromatest bestanden und am Ende dafür bezahlt zu haben. Zur Spannungssteigerung hilft sie dir mit ihren Ärmeln und Handgelenken aus und läßt dich dran riechen, als wärt ihr per du. Aber du hast ja selbst schuld: was bist du auch hergekommen ohne Not und hast dein kleines treues Parfüm zu Hause verraten!

Auf einmal fällt dir zur Ablenkung ein: Was nimmt denn sie so? Ach, sagt sie heiter, so zwanzig bis dreißig. Pro Jahr, glaubst du. Pro Tag, flötet sie, denn ist nicht alles eins und hebt sich im Prinzip gegenseitig wieder auf? Da bist du sehr erleichtert, faßt dir dein Herz und gehst, von aller Kaufschuld erlöst, endlich nach Hause: eine geschmacklose Riechfahne, im Grunde neutral.

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