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Superdinar schlägt D-Mark

Seit Montag gilt in Jugoslawien eine neue Währung: der „Superdinar“ / Bisher verläuft alles nach Plan / Das Ende der Hyperinflation?  ■ Aus Belgrad Karen Thürmann

Die Belgrader lachen über den neuesten Dinar-Witz: Wie heißt die neue Landeswährung? – Kon- dom: Kon-vertible Landes-(domaca)Moneten. Wer bekommt sie zuerst? Die Rentner – damit sie nicht schwanger davon werden, daß sie ständig vom Staat gefickt werden. Ficken hat auf serbokroatisch die Bedeutung von verarschen.

Noch können die Rentner nicht so recht daran glauben, daß das staatliche Stabilisierungsprogramm tatsächlich greift, daß der neue „Superdinar“, der seit Montag im Umlauf ist, wirklich das Ende der Hyperinflation bedeutet. Aber bisher verläuft alles nach Plan. Mit dem 24. Januar, dem D-Day des Anti-Inflationsprogramms, endete die wilde Druckerei der Notenbank. Drei Tage später stand das Inflationskarussell; die verfügbare Geldmasse war ausgereizt. Die Devisenhändler hatten keine Dinare mehr, und der Kurs des alten Dinars stieg deshalb sogar zwischenzeitlich leicht an.

Zu spät – seit Montag ist der Superdinar im Umlauf. Die jugoslawische Bundesbank zahlte diese Woche rund 50 Millionen neue Dinar an die Geschäfts- und die Postbanken aus. Und tatsächlich, wie versprochen, sahen diejenigen Rentner, die die langen Schlangen vor den Schaltern nicht scheuten, den Superdinar als erste – der im übrigen schon wieder etwas eher wie ein Geldschein und etwas weniger wie ein Essensbon aussieht.

Für die nächste Zeit gelten nun zwei Währungen parallel – der alte, „weiche“ Dinar und der neue, „harte“ Superdinar, der zum Kurs 1:1 an die D-Mark angebunden und bedingt konvertibel ist. Wer Devisen kaufen will, muß nämlich nachweisen, woher die „harten“ Dinare stammen.

Schon am Dienstag konnten dann die ersten Interessenten bei den Banken Devisen für den Superdinar kaufen – die Konvertibilität des Superdinars und seine volle Deckung durch Devisenreserven im Tresor der Bundesbank ist eines der zentralen Ziele, um das Vertrauen der Bürger in die Währung zurückzugewinnen.

Das Anti-Inflationsprogramm wird von einigen Begleitmaßnahmen gestützt, die Steuerhinterziehung und Finanzschiebereien verhindern und Geld in die leere Staatskasse spülen sollen: Alle Geschäfte mußten zum Stichtag 24. Januar Inventuren durchführen. Seither wird die Buchhaltung säuberlich zwischen alten und neuen Dinaren getrennt. In den letzten Monaten hatten die Unternehmen, gedeckt durch das allgemeine Inflationschaos, praktisch keine Umsatzsteuern mehr bezahlt.

Der Staat will ab jetzt auch die Kontrolle über das vorhandene Geldvolumen behalten. Es ist den Banken deshalb nicht erlaubt, wie bisher eigenmächtig und unkontrolliert durch Kreditvergabe Buchgeld zu schaffen. Und es ist jetzt bei Strafe verboten, sein Giro- Konto zu überziehen. Ebenso verboten ist der Verkauf von Waren gegen Devisen. Und tatsächlich – immer mehr Geschäfte verweigern D-Mark. Auf dem Markt allerdings ist die Mark immer noch ein gern gesehener Gast.

Die serbische Regierung verordnete des weiteren einige neue Steuern. So soll jetzt jeder Unternehmer allein für die Registrierung seines Betriebs blind 5.000 Mark bezahlen – unabhängig davon, ob er überhaupt soviel umgesetzt hat – von Verdienst ganz zu schweigen. Das löste den prompten Protest Tausender Kleinunternehmer, aber auch einiger Verfassungsjuristen aus. Deren Argument: Steuern können nicht per Verordnung, sondern nur per Gesetz erlassen werden, und dafür braucht man ein Parlament. Im neuen serbischen Parlament, das im Dezember gewählt wurde und sich am Montag erstmals konstituierte, ist das Kräfteverhältnis zwischen den Sozialisten und der Opposition aber ausgewogen bis zur Arbeitsunfähigkeit; das hochkomplizierte Steuerthema kann in diesem Gremium wohl nicht gelöst werden.

Ein weiterer Streitpunkt: die Regierung setzte die neuen Mindestgehälter auf 20 neue Dinar monatlich fest, ohne sich mit der Wirtschaftskammer und den Gewerkschaften abzusprechen – eine soziale Brutalität, die selbst bei Anhängern die Frage aufwirft, was an dieser Regierung eigentlich sozialistisch sein soll. Eine Person kann von diesem Mindestmonatsgehalt genau zwei Wochen lang trockenes Brot essen und Milch trinken, sich aber nicht waschen und seine Wohnung weder heizen noch die Miete zahlen.

Das ganze Sozialgefüge ist in Serbien ins Rutschen geraten. Bisher dienten die Sanktionen, die Inflation und der Krieg als Erklärung für den dramatischen Verfall der Wirtschaft. Nun muß das Mißverhältnis zwischen Produktivität und Sozialleistung des Staates zum Thema werden.

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