In Gefahr: Die Freiheit von Forschung und Lehre

■ Neun Professoren der Humboldt-Universität klagen gegen die Gremienwahlen

Weil auch der Mittelbau die Gremienvertreter der Professoren mitwählen darf, sehen diese die Freiheit von Forschung und Lehre gefährdet: Neun von ihnen, darunter der Theologe Richard Schröder und der Historiker Heinrich August Winkler, zogen vor Gericht, um die für den 9. und 10. Februar angesetzten Wahlen zu Konzil, Akademischem Senat und Kuratorium zu verhindern.

Die Sonderregelung für die Hochschulen in Ostberlin war mit dem Ergänzungsgesetz zum Berliner Hochschulgesetz nach der Vereinigung eingeführt worden, um zu verhindern, daß alte Professoren- Seilschaften aus DDR-Zeiten sich in die Gremien wählen. Der Mittelbau sollte damals mitwählen dürfen, weil zweifelhaft war, „ob Professor in der ehemaligen DDR wirklich diejenigen geworden sind, die die beste Qualifikation besaßen, während das übrige wissenschaftliche Personal im ,Assistentenrang‘ oder ähnlichem verblieb, oder ob es nicht in manchen Fällen umgekehrt zuging“.

Weil das heute bekanntlich anders ist, läuft diese Übergangsregelung zum 1. April aus. Da an diesem Tag aber die zweijährige Amtszeit der zu wählenden Gremien erst beginnt, argumentieren die klagenden Professoren, könne man diesen Wahlmodus nicht mehr anwenden. Er verstoße gegen das Bundesrecht: Das Hochschulrahmengesetz (HRG) bestimmt, daß die Vertreter von der jeweiligen Mitgliedergruppe gewählt werden müssen. Weil aber unter Juristen umstritten ist, ob das HRG wirklich bindend ist oder nur eine Aufforderung an den Landesgesetzgeber beinhaltet, kommt Anwalt Gert Trube gleich mit dem Hammer des Grundgesetzes. Das Bundesverfassungsgericht hatte in seiner Entscheidung zur paritätischen Besetzung von Uni-Gremien die in Artikel 5 garantierte Freiheit von Forschung und Lehre als verletzt angesehen, wenn die Professoren nicht in allen wesentlichen Fragen allein das Sagen hätten. Die Wahl von professoralen Gremienvertretern auch durch den Mittelbau, so Trube, verletze die Hochschullehrer daher in ihren Grundrechten.

Der Akademische Senat bekundete inzwischen seinen Willen, wie vorgesehen am 9. und 10. Februar wählen zu lassen. Sven Vollrath, studentischer Vertreter in diesem Gremium, befürchtet andernfalls, „daß sich die Wahl um vier bis fünf Monate verzögert“. Uni-Präsidentin Marlis Dürkop hat sich zwar offiziell noch nicht dazu geäußert, doch sie meint, nach den Worten ihrer Pressesprecherin Susann Morgner, „daß der Schaden größer ist, wenn die Wahlen zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden, als wenn sie unter den gegebenen Bedingungen stattfinden“. Zumal die Legitimation der amtierenden Gremien ebenfalls nicht außer Zweifel steht: Wegen Frist- und Formverstößen war die Wahl der studentischen Vertreter vom Verwaltungsgericht annulliert worden. Ralph Bollmann