: Was tun, wenn der Eintreiber kommt
■ Wer die Raten nicht überweist, zahlt horrende Verzugszinsen / Bafög-Inis empfehlen Widerspruch gegen Rückzahlungsbescheide
Wer weiß schon, was fünf Jahre nach dem Bafög-Studium sein wird? Die Eintreiber kommen! Bei Manfred Keil (Name geändert, d. Red.) ließ der blaue Brief des Bundesverwaltungsamtes sogar ein Jahr länger auf sich warten. Inzwischen hatten die Kölner auf die 25.000 Mark Bafög-Schulden schlappe 1.600 Mark draufgeschlagen. Verzugszinsen. Der Bayer war in Bremen säumig geworden – ohne es zu merken. Über ein Jahr lang recherchierten die Beamten des Kölner Bundesverwaltungsamts nach seiner Adresse. Am Ende fragten sie dann die Eltern Keils, wo der Sohnemann wohnt. Inzwischen verpaßte der Wahlbremer den Eingang sämtlicher Rückzahlungsdokumente einschließlich der Widerspruchsfristen. Aber die Zinsuhr tickte unnachgiebig. Wer 45 Tage mit den Zahlungen im Verzug ist, muß 6 Prozent Strafzinsen zahlen, und die werden auf die gesamte Darlehensschuld berechnet!
Der Berliner Hans Lieber hatte vorgebaut. Er stellte, zur Freude des Bundesverwaltungsamtes, noch während des Studiums eine Einzugsermächtigung aus. Ohne großen Aufwand lief dann die Rückzahlung: Das Bundesverwaltungsamt, so Lieber zur taz, „räumte das Konto bis in den Dispobereich hinein ab“. Hans Lieber stornierte die Abbuchung – und blieb ein gutes Jahr 1.440 Mark Rückzahlungsraten schuldig. Kaum hatte er bezahlt, flatterte ihm eine neue Rechnung über 2.763,38 Mark ins Haus. Strafzinsen, zahlbar binnen einer Woche.
Alles keine Einzelfälle, weiß Andreas Müller von der Berliner Initiative gegen die Volldarlehensregelung. Die linkischsten Fälle bei der Berliner Initiative sind die mehrerer alleinerziehender Frauen. Deren Bafög-Schulden schwollen jahrelang weiter an. Obwohl wegen Kindererziehung, wie ein Bafög-Ratgeber verrät, „auf Antrag die fälligen Raten erlassen“ werden könnten. Im Kölner Bundesverwaltungsamt sprechen die Bürokraten nicht gern über Freistellung. Lieber stunden sie die Beträge – zu einer Verzinsung von zwei Prozent über dem aktuellen Diskontsatz. – Die Berliner Verweigerer empfehlen allen betroffenen Volldarlehensrückzahlern: den Widerspruch gegen den Feststellungsbescheid wie auch gegen den Rückzahlungsbescheid („Tilgungsplan“) des Bundesverwaltungsamtes bis vors Verwaltungsgericht Köln treiben. Außerdem sei beim jeweiligen Bafög-Amt der Antrag auf rückwirkende Abänderung des Bafög-Bescheides und auf ruhendes Verfahren zu stellen. Entsprechende Musterformulare gibt's bei der Initiative. Alle Zahlungen haben bis dahin unter Vorbehalt zu erfolgen.
Für alle Bafög-Rückzahler gilt: Auf jeden Fall (nach Eingang des Feststellungsbescheids) die Teilerlaßregelungen beantragen. Und ehe man/frau die Rückzahlungen gegen teure Stundungszinsen ruhen läßt, die Freistellungen wegen Erziehung in Anspruch nehmen.
Die Berliner Initiative gegen die Volldarlehensregelung verschickt gegen 1 Mark Rückporto eine Erstinformation: Thomas Heldmaier, Kniephofstraße 17, 12047 Berlin.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen