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Nach Drohungen Film abgesagt

■ Autonome gegen „Beruf: Neonazi“-Aufführung im SO36

Nach massiven Drohungen aus der autonomen Szene ist eine für heute vorgesehene Veranstaltung im SO36 abgesagt worden. Ursprünglich sollten in dem Kreuzberger Szeneschuppen in der Oranienstraße der Autor Wiglaf Droste und der Regisseur Christoph Schlingensief den umstrittenen Film „Beruf: Neonazi“ auf Video präsentieren und ironisch kommentieren. Die Vorführung wird nun morgen in der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz stattfinden.

„Die sogenannte Szene hat uns angekündigt, Wiglaf Droste von der Bühne zu holen, Buttersäure zu versprühen und den Laden aufzumischen“, erklärte gestern Sylvia Steinich, eine der BetreiberInnen des SO36 auf Anfrage der taz.

Den Zorn hatte sich Droste nach einer von ihm moderierten Sendung des Jugendradios „Fritz!“ zugezogen, in der er sich kritisch mit der Debatte um den Kindesmißbrauch auseinandersetzte. Droste, der unter anderem für die Satirezeitschrift Titanic schreibt, kritisierte den Rückzug von SO36: „Die Veranstalter müssen sich überlegen, ob sie in Zukunft ihr Programm von Vermummten diktieren lassen wollen.“ Wieder einmal sei in Kreuzberg nach dem Muster „Der Kiez muß sauber bleiben“ verfahren worden, meinte Droste gegenüber der taz. Auch Steinich vom SO36 zeigte sich gestern „stinksauer“. Es sei „völliger Quatsch“, die Mißbrauchsdebatte mit dem Thema Antifaschismus zu vermischen. Die Betreiber des SO36 hoffen nun, daß die Szene zahlreich zu einer Diskussion über die Absage am heutigen Samstag abend erscheint. In einem zuvor in Umlauf gebrachten Flugblatt hatten sie die Frage gestellt, ob es unter Linken noch möglich sein soll, „kritische politische Diskussionen zu führen“. sev

Heute ab 20 Uhr Diskussion im SO36, Oranienstraße. Droste und Schlingensief kommentieren den Film „Beruf: Neonazi“ am Sonntag ab 23 Uhr in der Volksbühne, Rosa- Luxemburg-Platz.

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