Die Post geht wieder ab

■ Postagentur für Klein Borstel / Fünf weitere in Hamburg geplant

Seit 138 Tagen steht vor dem Postamt in Hamburg Klein Borstel ein Zelt. Ein postalischer – von Bürgern ehrenamtlich betriebener – Notdienst, denn im Oktober vorigen Jahres wurde das ehemalige Postamt 632 geschlossen. Gestern konnte die Bürgerbewegung, die vehement für den Erhalt der Poststelle kämpft, einen Sieg verbuchen: In Klein-Borstel wird die erste Postagentur einer Großstadt eröffnet.

„Sobald wir einen Partner gefunden haben, bekommt Klein Borstel eine Postagentur“, versprach Gerhard Otto Pfeffermann, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundespostministerium. Pfeffermann kam zusammen mit dem Präsidenten der Direktion Postdienst Kiel, Peter Schmedes, eigens nach Klein Borstel, um die frohe Botschaft zu verkünden.

Bevor Pfeffermann endlich auf den Punkt kam, versuchte er jedoch Versäumtes nachzuholen: die Sparmaßnahmen der Post seien dringend notwendig und daß die Kosten heute keinem mehr zugemutet werden könnten. Schließlich drängelte sich ein alter Mann – in einer Hand den Krückstock, in der anderen den Schwerbehindertenausweis – nach vorn und hielt dem Staatssekretär den Ausweis unter die Nase. „Darf ein Rentner auch was dazu sagen“, rief er, fing an zu weinen und beklagte, daß er nicht so weit zu Fuß gehen könne. Diese Aktion veranlaßte die Menge, von Pfeffermann endlich handfeste Aussagen zu fordern, und so verkündete er die Nachricht von der geplanten Postagentur ohne weitere Vorreden.

„Ich rechne noch in diesem Frühjahr mit einer Eröffnung“, fügte Postpräses Peter Schmedes hinzu. Weitere fünf dieser Agenturen, die zum Beispiel in einer Bäckerei oder Schlachterei untergebracht sein können, sollen noch in diesem Jahr in Hamburg in Betrieb genommen werden. Wo, wollte er aber nicht preisgeben.

Die etwa 100 anwesenden Klein Borsteler waren in in ihrem Urteil gespalten. Während die einen zufrieden sind mit der Entscheidung, weil es dann auch längere Öffnungszeiten gibt, sind andere unsicher. „Ich hätte lieber das alte Postamt wieder gehabt“, beklagt Cäcilie Jentz, die seit 28 Jahren in dem Stadtteil wohnt. Ihr kommt es komisch vor, Briefe beim Bäcker abzugeben. Ähnlich sieht es auch Mathias Precht, Sprecher der Bürgerbewegung: „Für uns ist nur ein Etappenziel erreicht. Man hat in Bonn auf Klein Borstel reagiert. Nun gilt es, nicht locker zu lassen.“ Prechts Befürchtung ist, daß durch diese Entscheidung die Bürgerbewegung gespalten wird. Ziel sei es jedoch gewesen, das Postamt wieder zu eröffnen. Doch daß das Postamt geschlossen bleibt, daran ließ der Präsident der Direktion Postdienst, Peter Schmedes, keinen Zweifel: „Ich muß es hier mal ganz klar sagen, das Postamt bleibt zu“.

Andrew Ruch