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Urnen-TV

■ ARD und ZDF machen "Bock auf Wahl" / Kein TV-Duell Kohl - Scharping

Saarbrücken/Mainz (AP/dpa/ taz) – „Ich war dabei“ – das dürfte Rep-Chef Franz Schönhuber nach Ablauf des „Superwahljahres“ wieder sagen. Denn bei ARD und ZDF könnte auch er in der ersten Reihe sitzen. So will die ARD 1994 mindestens eine große Diskussionssendung mit Spitzenpolitikern veranstalten und dabei ebenso wie das ZDF „radikale Parteien“ nicht grundsätzlich ausschließen. Wie ARD-Chef Jobst Plog nach einer Sitzung der Intendanten am Mittwoch in Saarbrücken erklärte, sollen schon aus juristischen Gründen alle Parteien eingeladen werden, die nach demoskopischen Ergebnissen „eine realistische Chance“ hätten, ins Parlament einzuziehen.

Plog wollte sich aber nicht auf eine bestimmte Prozentmarke festlegen. Die Entscheidung über die Teilnehmer falle nach „journalistischer Bewertung“. Laut Plog könnte das vorgesehene Hearing aber auch daran scheitern, daß sich Vertreter der großen Parteien nicht mit Bewerbern radikaler Gruppen an einen Tisch setzen wollten. Dieser Fall bahne sich beim NDR in Niedersachsen an. Schließlich bedauerte Plog, daß die meisten ARD-Sender gesetzlich gezwungen seien, Wahlspots der Parteien auszustrahlen.

Plog hatte sich schon 1993 mit einer ARD-Initiative vergeblich bemüht, die Politiker zu entsprechenden Änderungen der Rundfunkgesetze zu bewegen, um mit der generellen Abschaffung der Gratis-Spots auch rechtsradikale Werbung vom Schirm zu bekommen.

Auf die Gratis-Spots kann bislang nur Radio Bremen ganz verzichten, da es in diesem Bundesland keine gesetzliche Verpflichtung gibt. Ebenso ist die rechtliche Lage in Berlin beim SFB, doch der strahlt sein Erstes Programm gemeinsam mit dem ORB in Potsdam aus, der zur Wahlwerbung verpflichtet ist. Fraglich bleibt also, ob oder wie ein entsprechender Anti-Wahlspot-Beschluß des SFB- Rundfunkrats umgesetzt werden kann.

Ein Wahl-Schwerpunkt der ARD sind insgesamt neun „modifizierte Pro-und-Contra-Sendungen“ unter dem Titel „ARD – Ihre Wahl '94“ (siehe auch unsere Fernsehkritik). Die nächste kommt vor der Niedersachsenwahl am 10. März.

ZDF-Chefredakteur Klaus Bresser rechnet nicht damit, daß die Wahlspots der rechtsradikalen Parteien rechtlich anfechtbar sein werden. „Die Republikaner und die DVU haben ein großes Interesse daran, sich gutbürgerlich und biedermeierlich zu geben“, sagte Bresser am Dienstag in Mainz.

Die von den Parteien selbst gestalteten Wahlspots würden sehr genau geprüft, erklärte der ZDF- Chef. ZDF-Justitiarin Gudrun Lutter wies aber darauf hin, daß die ARD den umstrittenen Wahlspot zur Berliner Landtagswahl, in dem die Melodie „Spiel mir das Lied vom Tod“ zum Bild eines ausländischen Kindes zu hören war, nach einer Gerichtsentscheidung senden mußte. Nur bei einem offensichtlichen und schwerwiegenden Verstoß könnte die Ausstrahlung verweigert werden, sagte Lutter. „Eine Partei kann sogar verfassungswidrige Inhalte verbreiten. Es kann ja auch nicht unsere Aufgabe sein, von den Spots etwas wegzuschneiden und damit der Partei zu ermöglichen, sich als Wolf im Schafspelz zu verhalten.“ Was Hearings angeht, will das ZDF sich wie bisher und wie die ARD verhalten.

Direkt vor der Bundestagswahl am 16. Oktober sollen jeweils zwei Politiker eine halbe Stunde lang im ZDF-„Nachtduell“ gegeneinander antreten. Vorgesehen sind elf Ausgaben. Bundeskanzler Helmut Kohl weigert sich jedoch nach Angaben Bressers, sich allein seinem Herausforderer Rudolf Scharping (SPD) zu stellen. Das ZDF werde sich aber weiter um ein TV-Duell der Spitzenkandidaten und eine „Elefantenrunde“ der Parteichefs bemühen. Außerdem wolle man drei große „Publikumssendungen“ mit dem Titel „Wählt!“ ausstrahlen. Die Auftaktsendung des ZDF am 16. Februar heißt „Null Bock auf Wahl“ und konfrontiert Nichtwähler mit Politikern.

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