Kitsch, Kunst und Humor

■ „Ganz oben“ von Aprillfrisch, Mägädäm und Schwarz im Schmidt

Am Arsch der Welt sind sie diesmal nicht, vielmehr schweben sie über dem hektischen Geschehen der Großstadt Hamburg. Die Rede ist von den Mitgliedern der Musicaltruppe Aprillfrisch, Mägädäm und Schwarz, deren neuestes Stück Ganz oben seit Mittwoch im „Schmidt-Theater“ an der Reeperbahn läuft.

Ganz oben heißt die Produktion, weil sie auf dem Dach eines Hauses Nähe Stresemannstraße spielt. Die scheue Marie (Andrea Bongers) wohnt dort mit ihrer zweiten Persönlichkeit, dem vor Selbstüberzeugung strotzenden Sänger Heinz, einer Handpuppe, hinterm Kamin. Zusammen mit dem Berliner Kalle (Ralf Schwarz) und Gustl (Rolf Claussen), die ebenfalls vor dem hektischen Leben hier hoch geflüchtet sind, bilden sie ein ungewöhnliches Orchester. Mit von der Partie ist noch der Maler Zargan, der das Hausdach als Atelier nutzt und zugleich die drei anderen auf dem Baß begleitet.

In diese Idylle platzt eines Tages der Seemann Paul (Stefan Gwildis), der sich, vom Leben enttäuscht, vom Dach stürzen will. Erst sind die Dachbewohner äußerst skeptisch, ob sie dem Fremden überhaupt trauen können: „Die Welt ist schlecht; ich hab' gerad' gestern wieder Aktenzeichen XY - ungelöst gesehen. Die kommen hier hoch, tun so, als wollten sie sich das Leben nehmen und hinterher gibt's wieder 'ne ausgeraubte Oma mehr.“ Doch nach den ersten zögerlichen Abtastversuchen nehmen sie ihn schließlich in ihre Runde auf.

Von menschlichen Schwächen, Träumen und Wünschen sangen sie bereits hingebungsvoll in dem Kultmusical Wuttke II - am Arsch der Welt (es soll Leute geben, die sich die schrille Story bis zu 15 mal angeschaut haben). Und auch in Ganz oben stehen die kleinen Sorgen und täglichen Sehnsüchte im Mittelpunkt des Stücks und vor allem der mitreißenden Songs, die die ganze Bandbreite der Unterhaltungsmusik umfassen. So erzählt der schmächtige Gustl von seiner Art, sich mit den Widersprüchen des Lebens zu arrangieren. Seine Devise: Er könnte ein berühmter Sänger sein, ein Frauenheld, ein Retter und noch viel mehr,...muß er aber doch nicht, oder?

Die knackige Mischung aus Kitsch, Kunst und Humor, durch die sich bereits die Wuttke II-Produktion auszeichnete, macht auch den Reiz von Ganz oben aus. Manchmal wirken die Witze allerdings trotz hervorragender schauspielerischer Leistungen etwas platt, könnten schärfer sein, müssen sie aber auch nicht. Das Publikum tobte trotzdem.

Babette Schröder

Noch bis 20. Februar, Schmidt-Theater, jeweils 20 Uhr