Ach wie gut, daß niemand weiß ...

... ob ich die Wahlen platzen lasse oder nicht: Südafrikas weiße Rechte steuert in großer Konfusion auf einen Boykott hin, schlägt aber nicht alle Türen zu / Geheime Gespräche  ■ Aus Johannesburg Willi Germund

Der Poker dauert bis zum letzten: Südafrikas Reformgegner zierten sich auch gestern noch, eine eindeutige Aussage zur Teilnahme an den ersten demokratischen Wahlen Südafrikas abzugeben. Doch die Zeit läuft ab – zunächst jedenfalls. Am heutigen Samstag um Mitternacht geht die Frist zu Ende, in der sich Südafrikas Parteien für die ersten allgemeinen freien Wahlen vom 26. bis 28. April registrieren müssen. Freilich sucht die Regierung von Staatspräsident Frederik W. de Klerk nach juristischen Tricks, mit denen der Registrierungstermin noch einmal verschoben werden kann.

Dabei scheinen die in der „Freiheitsallianz“ mit Buthelezis Inkatha-Freiheitspartei zusammengeschlossenen, rechtsextremen weißen Reformgegner zumindest ihrem öffentlichen Verhalten zufolge kein Interesse an einer Wahlteilnahme zu besitzen. In Pretoria hatte am Donnerstag ein ausschließlich weißer 80köpfiger „Volksraad“ beschlossen, den Urnengang zu boykottieren. Doch während Ferdi Hartzenberg, der Chef der Konservativen Partei, und Tinie Groenewald, einst Südafrikas Geheimdienstboß, am Abend verkündeten, die „Afrikaaner Volksfront“ (AVF) werde die Wahlen boykottieren, verhandelte der AVF-Vorsitzende Constand Viljoen noch hinter verschlossenen Türen mit der Regierung und dem Afrikanischen Nationalkongreß (ANC).

Auch Inkatha und die Regierung des Homelands Bophuthatswana, die gemeinsam mit den weißen Rechtsradikalen die „Freiheitsallianz“ bilden, zaudern. Inkatha will erst am heutigen Samstag über eine Teilnahme entscheiden. Der von Südafrika eingesetzte bophuthatswanische Homeland- Diktator Lucas Mangope traf sich am Montag erstmals mit ANC- Chef Nelson Mandela. Beide vereinbarten, eine Kommission zu gründen, die die Zukunft des Schwarzenreservats diskutieren soll.

Wenn damit in Südafrika auch noch keine Klarheit über die nahe Zukunft besteht, ist es ANC und der noch amtierenden weißen Minderheitsregierung aber zumindest gelungen, die Freiheitsallianz zu spalten. Bereits vor einigen Wochen sprang die Regierung des Homelands Ciskei von der Ablehner-Front ab. Sowohl die rechtsradikalen Weißen wie auch Inkatha und die Bophuthatswana-Regierung präsentierten im Lauf der vergangenen Wochen Positionen, die laut Regierung nichts mit früheren Forderungen zu tun gehabt hätten. Sie bestehen vor allem darauf, daß Südafrikas neun Regionen das Recht haben sollen, eigene Verfassungen zu formulieren. Außerdem verlangen sie „exklusive Vollmachten“, in die Südafrikas zukünftige Bundesregierung nicht eingreifen dürfte. Eine andere Forderung – für die gleichzeitig stattfindenden Regional- und Nationalwahlen getrennte Stimmzettel einzuführen – sind Regierung und ANC bereit zu akzeptieren.

Roelf Meyer, der Verhandlungsführer auf Regierungseite, zeigte sich zuletzt pessimistisch. Eine Lösung sei „fast unmöglich“. Tienie Groenewald von der „Afrikaaner Volksfront“ verkündete, seine Organisation werde versuchen, die Wahlen mit „gewaltfreiem passivem Widerstand“ zu verhindern. Und fügte hinzu: „Wir sind nicht dafür verantwortlich, wenn manche Leute zu radikaleren Mitteln greifen.“