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Streit bei IG Metall

■ Stadtteilsekretär wurde gekündigt / Basis ist empört / Offenbar weitere Entlassungen / Die Geschäftsleitung schweigt sich aus

Im Gebälk der Berliner Industriegewerkschaft Metall (IGM) knackt es gewaltig. In den vergangenen zwei Jahren sank die Mitgliederzahl um ein Drittel auf nunmehr 83.000. Eine Strukturreform, die wegen der spärlicher fließenden Mittel notwendig ist, steht seit längerem zur Debatte.

Doch nun versucht die Geschäftsleitung der Verwaltungsstelle offenbar, mit den anstehenden Einsparungen kritische Geister gleich mit über Bord zu werfen. So wurde dem Stadtteilsekretär von Kreuzberg/Neukölln, Reinhold Weißmann, zum 31. März aus „personenbedingten Gründen“ gekündigt. Auch die Stadtteilsekretärin von Tempelhof, Angela Schürzeberg-Geissler, will die Geschäftsleitung loswerden. Um eine betriebsbedingte Kündigung zu vermeiden, hatte die Geschäftsleitung bereits im vergangenen Jahr den beiden Betroffenen und einer weiteren Stadtteilsekretärin erfolglos Aufhebungsverträge angeboten.

Die Politik der Geschäftsleitung erregt seit Wochen die Gemüter der Basis. Der Betriebsrat von Krupp Stahlbau hatte bereits im Januar in einem Schreiben an die Mitglieder der Ortsverwaltung vor „undemokratischen Verhaltensweisen“ gewarnt. Ein neues Strukturkonzept müsse in allen Gremien der IG Metall diskutiert und nicht allein aus Kostengründen vollzogen werden.

„Hier kocht es gewaltig“, meint auch der Vorsitzende der IGM- Stadtteilgruppe Kreuzberg/Neukölln, Karl-Heinz Volck. Sowohl Weißmann als auch Schürzeberg- Geissler seien als „kritische und engagierte Kollegen“ innerhalb der Gewerkschaft bekannt, so Volck zur taz. Vor zwei Jahren hatte sich die Gewerkschafterin an führender Stelle in den Fall eines IG-Metall-Sekretärs eingemischt, der eine Kollegin sexuell am Arbeitsplatz belästigt hatte. Erst nach langem Hin und Her war der Betroffene daraufhin aus der Verwaltungsstelle ins Brandenburger Umland versetzt worden.

Siegfried Masson, einer der drei Geschäftsführer der Verwaltungsstelle, wollte sich gestern nicht näher zu den Gründen für die Kündigung von Weißmann äußern. In einem Brief der Stadtteilgruppe Kreuzberg/Neukölln hatte es geheißen, die Geschäftsleitung habe dem Sekretär unter anderem Unzuverlässigkeit und eine „zu konfliktorientierte Arbeitnehmerpolitik“ vorgeworfen. Diese Behauptungen seien „völlig abwegig, absoluter Humbug“, so Masson zur taz. Er bestätigte allerdings Planungen, das Aufgabengebiet von Weißmann künftig einem anderen Stadtteilsekretär zu übertragen. Offen ließ er hingegen, ob Schürzeberg-Geissler nach wie vor auf einer „Abschußliste“ der Geschäftsleitung steht, wie es der Betriebsrat von Krupp-Stahlbau vermutet.

Auf der im März stattfindenden Vertreterversammlung, dem höchsten Gremium der IG Metall, wollen Mitglieder das Thema nun in den Mittelpunkt rücken. „Wenn man schon einsparen muß, sollte man die Treppe von oben kehren“, erboste sich gestern Volck gegenüber der taz. Teile der Basis diskutierten den Vorschlag, die Zahl der Geschäftsführer von derzeit drei auf zwei zu reduzieren. Severin Weiland

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