: Mexiko will verhandeln
■ Gespräche zwischen Regierung und Zapatisten beginnen am Montag
San Cristóbal de las Casas (taz) Den Ort mochte Regierungsemissär Manuel Camacho Solis aus Sicherheitsgründen noch nicht bekanntgeben. Aber am Montag wird es sein, um elf Uhr, daß die gewählten Vertreter der Zapatistischen Nationalen Befreiungsarmee (EZLN) mit ihm zu einem ersten Friedensgespräch zusammenkommen. Schon am Sonntag will sich Camacho mit Bischof Samuel Ruiz und den Aufständischen zu ersten „vorbereitenden Gesprächen“ treffen.
Während sich die EZLN- KämpferInnen seit den blutigen Januar-Gefechten mit Polizei und Bundesarmee in den lakandonischen Wäldern nahe der guatemaltekischen Grenze versteckt halten, ist das Militär in Chiapas noch immer allgegenwärtig. Busse, mit denen sonst Touristen auf Indianer- Foto-Safari nach San Cristóbal de las Casas gebracht wurden, werden heute von schwer bewaffneten Soldaten nach Zapatisten durchsucht. Weil die EZLN ein erneutes militärisches Einschreiten befürchtete, hatte sie noch zu Monatsbeginn die von manchen viel früher gewünschten Friedensgespräche mit Regierungsemissär Manuel Camacho Solis erst einmal platzen lassen. Wenn die Gespräche am Montag beginnen, wird es einen doppelten „Sicherheitsgürtel“ geben – gebildet aus Vertretern der Nichtregierungsorganisationen (NGOs) in Chiapas und aus Journalisten.
Schon vor Wochen hatte EZLN-„Subcomandante Marcos“ angekündigt, mit Rücksicht auf die Presse die Gespräche nicht mitten im Urwald, sondern im städtischen Gebiet stattfinden zu lassen. Einigen mexikanischen Fernsehanstalten allerdings hatte die EZLN die Berichterstattung „wegen bewußter Falschdarstellungen“ verwehrt. Geschichten etwa, wonach die EZLN die Landbevölkerung zwangsweise rekrutiert haben soll, seien „pure Propaganda“, meinte auch der Vikar von San Cristóbal de las Casas, Gonzalo Ituarte, gegenüber der taz.
Zu welchem Ergebnis die am Montag beginnenden Gespräche tatsächlich führen werden, weiß keiner vorherzusagen. Nicht einmal die genaue Tagesordnung ist bislang an die Öffentlichkeit gedrungen. Die Regierung muß etwas anbieten, denn auch in anderen Regionen des Landes rumort es in Solidarität mit Chiapas, und die scharfzüngig und humorvoll gehaltenen Mitteilungen des „Subcomandante Marcos“ an die Presse, die StudentInnen, an Schulkinder und die Öffentlichkeit im allgemeinen haben die EZLN längst auch in der fernen Hauptstadt populär werden lassen. Vorgestern hat die Regierung angekündigt, den Sozial-Etat um 1,1 Prozent aufzustocken – was aber noch niemanden überzeugen dürfte.
Regierungsemissär Camacho Solis geht davon aus, daß nach ersten Abkommen eine definitive Einstellung der Feindseligkeiten vereinbart werden könnte, die schließlich mit der Entwaffnung der EZLN enden soll. Das ist noch Spekulation. Eines aber scheint vielen gewiß: Mit Almosen für Chiapas wird sich die Guerilla nicht begnügen. Hasso Suliak
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