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Auch die Reichen sollen mehr kriegen

■ Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst in die 3. Runde

Berlin (taz) – Wenn heute die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst in die dritte Runde gehen, werden die Kontrahenten voraussichtlich – zumindest eingangs – auf alten Positionen verharren. Daran haben weder der Teilzeit-Vorstoß von Frauenministerin Merkel noch das Kanzlerwort zur Staffelung der Löhne etwas geändert.

CDU-Frauenministerin Merkel hatte Maßnahmen des Bundes angekündigt, den Anteil der Teilzeitstellen in den Behörden zu erhöhen. Eine entsprechende Forderung stellt auch die Gewerkschaft ÖTV, besteht jedoch auf einer Verankerung des Teilzeit-Anspruchs im Tarifvertrag.

Einen Vorschlag von Bundeskanzler Kohl, die Veränderung bei den Löhnen nach Einkommensgruppen zu staffeln, lehnt die ÖTV indes ab. „Unsere Forderung bleibt ein genereller Zuwachs von vier Prozent“, betont ÖTV-Sprecher Rainer Hillgärtner. Meldungen, nach denen ÖTV-Chefin Monika Wulf-Mathies den Kanzlervorschlag begrüßt hat, seien falsch. Bei den Löhnen hieße das Verhandlungsziel „Inflationsausgleich mit sozialer Orientierung“. Ob letztere sich aber bei der Gestaltung des Grundlohnes oder der Zulagen niederschlagen wird, sei noch offen.

Die ÖTV ist darüber hinaus bereit, beschäftigungssichernde Maßnahmen auf die Lohnprozente anzurechnen. Es sei nicht auszuschließen, daß es in Zukunft auch im öffentlichen Dienst vermehrt zu Kündigungen kommt, befürchtet Hillgärtner. Besonders in den neuen Ländern sei der Prozeß der Umstrukturierung, des Stellenabbaus und der Entlassungen in vollem Gange.

Für die Arbeitgeberseite stehen weiterhin eine Nullrunde und Kürzungen bei Zulagen auf dem Verhandlungsplan, versicherte eine Sprecherin des nordrhein-westfälischen Finanzministers Heinz Schleußer (SPD). Dieser sitzt als Repräsentant der Länder neben Kommunen-Vertreter Richard Klein, Oberstadtdirektor aus Duisburg, und Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) für die Arbeitgeber am Verhandlungstisch. Die Teilzeit-Frage werde auf jeden Fall eine Rolle spielen, versicherte die Finanzsprecherin. Das sei ein Bereich, „wo man nicht so weit auseinander ist“.

Noch bis morgen abend haben die Kontrahenten Gelegenheit, sich auf einen Tarifabschluß zu einigen. Falls es dazu nicht kommt, werden Gewerkschaften und Arbeitgeber sich voraussichtlich auf den 9. März vertagen.

Metaller weiter im Warnstreik

Sechs Tage vor Beginn der Urabstimmung in Niedersachsen haben noch einmal etwa 130.000 Metaller an Warnstreiks und Großkundgebungen teilgenommen. Der Geschäftsführer des Verbandes der Metallindustrie in Niedersachsen, Dietrich Kröncke, betonte, die Arbeitgeber stehen weiterhin für Verhandlungen zur Verfügung. Er bezweifle allerdings, daß die Gewerkschaft eine solche Verhandlungslösung anstrebt.

Der stellvertretende IG-Metall- Vorsitzende Walter Riester warf wiederum den Arbeitgebern vor, an Gesprächen nicht interessiert zu sein. Er sehe kaum noch eine Chance, den Tarifkonflikt ohne Streik zu beenden. Silvia Schütt

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