: Hongkong-Streit auf Höhepunkt
■ China wütend über Wahlreform / Hongkonger Börse im Sturzflug
Hongkong/Peking (dpa/AFP) – Im Streit um Hongkong sind gestern die Gegensätze zwischen China und Großbritannien unversöhnlich aufeinandergeprallt. Das Hongkonger Parlament, der Legislativrat, nahm in der Nacht nach erregter zehnstündiger Debatte den ersten Teil der umstrittenen Wahlreform mit 48 gegen 5 Stimmen an. Danach wird das Wahlalter in der britischen Kolonie von 21 auf 18 Jahre gesenkt; zudem sollen für die 1994 und 1995 anstehenden Kommunalwahlen die Ernennung von Stadtverordneten für Berufsgruppen durch die Regierung abgeschafft und Wahlkreise nach dem britischen Mehrheitswahlrecht geschaffen werden.
Peking kündigte daraufhin umgehend die Auflösung der Hongkonger Volksvertretungen noch vor Rückgabe der Kronkolonie 1997 an China an. „Die letzten Britisch-Hongkonger Bezirksausschüsse, die beiden Stadträte und der Gesetzgebende Rat werden endgültig mit dem Ende der britischen Verwaltung in Hongkong aufgelöst“, verlautete aus dem chinesischen Büro für die Belange Hongkongs und Macaos. China werde für die Metropole eine neue politische Struktur schaffen, hieß es, ohne daß jedoch Einzelheiten genannt wurdem. Das chinesische Außenministerium sagte weiter, die britisch-chinesischen Verhandlungen über den politischen Übergang nach der Rückgabe Hongkongs seien nunmehr gescheitert. Die britische Seite habe die Tür für eine Wiederaufnahme der Gespräche zugeschlagen.
Hongkongs Gouverneur Chris Patten hatte im Dezember beschlossen, seine Reformpläne auch ohne Pekings Zustimmung im Hongkonger Parlament einzubringen. Er kündigte die Vorlage des zweiten Teils der Wahlreform im Parlament für den 9. März an, so daß er bis zum Juli beschlossen werden kann. Kernpunkt dieser Reform soll die Erhöhung der Zahl der Wahlberechtigten sein. Nach Verabschiedung des Gesamtpakets könnten in Hongkong erstmals alle Volksvertreter direkt oder indirekt gewählt werden. Gegen die Reformen, die der 1992 ernannte Hongkonger Gouverneur Patten vorantrieb, hatte Peking immer heftigen Widerstand geleistet. Acht Verhandlungsrunden im vergangenen Jahr scheiterten. Zu allem Überfluß verteilten die britischen Behörden jetzt ein Weißbuch in Hongkong, in dem China für das Scheitern der bisherigen Gespräche die Verantwortung gegeben wird. Auch darauf reagierte Peking verärgert.
Gegner der Reform äußerten die Befürchtung, daß sich die ohnehin nicht reibungslosen Beziehungen Hongkongs zu China nun weiter verschlechtern würden. Der Konflikt wirft einen Schatten auf die Zukunft des Handels- und Finanzzentrums. Der Hang-Seng- Aktien-Index erlebte einen rapiden Kurssturz um 3,1 Prozent.
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