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Frauen machen Wind

■ Ab Herbst dreht sich das erste Projekt der Genossinnenschaft Windfang

Der Kaufvertrag ist abgeschlossen, der Pachtvertrag unterschrieben und spätestens im kommenden Herbst, da sind sich die Frauen sicher, wird sich im windreichen Dithmarschen was bewegen: Dann steht auf einer eigens gepachteten Weide in Hemme eine dreiflügelige Windkraftanlage der FrauenEnergieGemeinschaft Windfang, die mit einem jährlichen Ertrag von knapp einer Million Kilowattstunden, die ins örtliche Stromnetz eingespeist werden, den Stromverbrauch von etwa 900 Durchschnittsverbraucherinnen decken kann.

Windfang ist eine Genossinnenschaft, die im Mai 1992 in Hamburg gegründet wurde. Elf Frauen, zum größten Teil aus naturwissenschaftlichen und technischen Berufen, hatten sich damals zusammengefunden, um ihren Beitrag zu der „dringend notwendigen Energiewende“ zu leisten. Entnervt von den männlichen Strukturen, die sich auch im Bereich alternativer Technologien breit machten, beschlossen sie, Frauen eine ökologische Geldanlage zu bieten - so wurde Windfang ausgebrütet.

Kein Windei, denn einmal losgelassen, wurden die Fachfrauen umgehend aktiv: Sie fanden ein Grundstück, das sie inzwischen gepachtet haben, und machten sich auf die langwierige Suche nach einer geeigneten Windkraftanlage. Denn der Kriterienkatalog, den die Ökologie-Arbeitsgruppe erarbeitete, hatte es in sich. Nicht nur umweltverträgliche Merkmale wie Lautstärke, Energierücklauf oder verwendete Materialien sollten berücksichtigt werden, es flossen auch politische Gesichtspunkte in die Bewertung ein: Ein Windrad wurde aus dem Rennen genommen, weil die Produktionsfirma mit Thyssen zusammenarbeitet.

Inzwischen hat sich frau für eine AN BONUS 450 kw entschieden, die von der Bremer Firma AN Maschinenbau und Umweltschutzanlagen GmbH in Kooperation mit der dänischen Firma BONUS hergestellt und vertrieben wird. Sie war die leiseste von den in die engere Wahl gezogenen Anlagen, die schließlich zur demokratischen Abstimmung gestellt wurden.

Schon die Wahl der Gesellschaftsform als Genossinnenschaft sollte Demokratie und Transparenz sicherstellen. Die Mitglieder entscheiden auf einer jährlich stattfindenden Vollversammlung über Unternehmensfragen, die über die täglichen Vorstandsgeschäfte hinausgehen. Jede der Genossinnen hat nur eine Stimme, unabhängig von der Anzahl ihrer Anteile. Sie kann das Projekt als reine Geldanlage betrachten oder sich aktiv bei Windfang beteiligen, durch Mitarbeit in einer der Arbeitsgruppen - neben der schon erwähnten Ökologie AG stehen die Bereiche Anlagenprojektierung (beschäftigt sich mit Planung und Realisierung der Energieprojekte) und Öffentlichkeitsarbeit zur Auswahl.

Bisher haben 82 Genossinen mit 380.000 Mark ein Drittel an Eigenkapital aufgebracht, der Rest wird durch Bank-Darlehen finanziert. Natürlich wünscht sich Windfang noch mehr Genossinnen. Denn das Hemmer Projekt ist zwar das erste, doch es soll nicht das einzige bleiben. Geplant ist zum Beispiel der Betrieb eines Blockheizkraftwerks. Die Frauen, die bisher alle Arbeit ehrenamtlich leisteten, erwarten, daß durch spätere Projekte auch ihre professionelle Arbeit finanziert werden kann und nicht nur die Erträge der Anteilseignerinnen: Deren Mindestrendite soll vier Prozent betragen, die, so heißt es in der Informationsbroschüre, „zwar nicht garantiert, jedoch jederzeit überschritten werden kann“. Denn: „Die Zukunft ist zwar weiblich, aber trotzdem nicht 100prozentig berechenbar.“ bit

Frauen, die sich für das Anlageprojekt interessieren - der Mindestanteil beträgt 3000 Mark -, erhalten Informationsmaterial bei: Windfang e.G., Bandwirkerstraße 28, 22041 Hamburg.

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