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Unterm Strich

Nun, da Christo in Frieden und Freiheit verhüllen darf, was laut Schäuble und Kohl erst noch richtig fest symbolisch hätte zusammenwachsen sollen, könnte man eigentlich wieder zum Tagesgeschäft übergehen und die hinter der Hand ausbaldowerten Kürzungspläne für Kunst im öffentlichen Raum beklagen. Doch da erreicht uns erneut die Stimme des Verpackers: „Das Projekt übersteigt die Dimensionen, die ich mir vorgestellt habe.“ Schön, denkt man, also dann eben kein versilberter Reichs-, Bundes- oder Welcher-Tag-auch-Immer, dann eben Hängematten ans Brandenburger Tor und Christo-Servietten für Sony, Daimler und Benz. Aber weit gefehlt: Mit den neuerlichen Dimensionsschüben des Projekts meint der gute Mann die Aufklärungsarbeit, die er jetzt noch zusätzlich leisten muß – Informationsabende in Cottbus und Heidelberg, Diavorträge in Leipzig, womöglich bundesweites Sektfrühstück mit anschließender Verhüllungsmesse... Es reicht.

Gut dagegen zu wissen, daß die „Allgemeine Jüdische Wochenzeitung“ auch in Zukunft erscheinen wird. Die Ratstagung des Zentralrats der Juden in Deutschland hat der Zeitung einen Zuschuß in Höhe von 1,2 Millionen Mark bewilligt. Mit diesem Geld soll zumindest die vierzehntägige Herausgabe des seit 1946 wöchentlich erscheinenden Blatts gesichert werden, wenn auch nur in einer Auflage von 10.000 Exemplaren. Merkwürdig daß die bundesdeutsche Presse die drohende Einstellung mehr oder weniger stillschweigend übergangen hatte. So waren vor allem jüdische Journalisten und Publizisten wie Ralph Giordano, Günter B. Ginzel oder Micha Guttman für den Erhalt der Allgemeinen als Forum zum kritischen Dialog mit der nichtjüdischen Umwelt (wie es bei dpa heißt) eingetreten.

Kaum ist der Berlinale-Hangover überstanden, da jubelt man in Frankreich schon wieder mächtig gewaltig kinowärts: Am Samstag abend wurden die „Césars“ für „künstlerische Ausnahmen“ des vergangenen Produktionsjahres vergeben. Und wie die Kollegin fürs großflächig Bewegte der Berliner Fach-Jury hätte weissagen mögen, war „Smoking/No Smoking“ von Alain Resnais mit fünf „Cesars“ der große Gewinner bei der von Gerard Depardieu als Präsident geleiteten Feier im Champs-Elysées-Theater. Weit abgeschlagen: „Germinal“ von Claude Berry mit nur zwei Neben-„Césars“.

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