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SanssouciVorschlag

■ „Hartmanns Stickstoff“ im Quasimodo

Hans Hartmann ist in der Berliner Jazzclub-Szene so was wie ein Dauergeheimtip. Auch ganz schön geheim ist leider seine Band „Stickstoff“. Selber schuld, kann man da sagen. Können die Leute denn kein normales, alltägliches, öffentliches Konzert geben?

Das erste Mal hörte ich sie auf einem Sommerfest, das Geschäftsleute, Weinhändler, für ihre Kunden gaben – und sich dafür eine Jazz-Band leisteten. Das zweite Mal war auf ihrer CD- Release-Party (sie haben eine CD!) in einem dreiviertel-privaten Rahmen. Das dritte Mal war bei einem Kurzauftritt auf einem „Kiezfestival“. Das kommende Konzert ist auch schon wieder so dazwischen und daneben und irgendwie halböffentlich: Es soll eine Geburtstagsfete im Quasimodo umrahmen – was nicht heißt, daß nur Insider reingelassen werden.

„Stickstoff“ sind Hans Hartmann am Kontrabaß sowie dem noch nicht an die breite Öffentlichkeit gedrungenen Saiteninstrument „Chapmann-Stick“, Mack Goldsbury (Saxophon und Flöte), Mesut Ali (Percussion), Tony Bianco (Drums) und der Geiger Jan Hrubý. Alles gestandene Leute, auch wenn nur wenige die ganze Geschichte kennen. Hartmann etwa spielte schon mit Chet Baker, Hank Mobley, Slide Hampton, Johnny Griffin und Philly Joe Jones...

Nach Arbeitsweise und Spiel ist der Mann Jazzer – was nicht heißt, daß Stickstoff „amtlichen“ Jazz machen. Wenn man schon Etiketten will, dann am ehesten „modern“ , vielleicht „global“ und noch „Fusion“, wobei das Fusion-Etikett Gott sei Dank nicht so richtig klebt – zuviel und zu Verschiedenes kommt da zusammen. Das Ergebnis: eine melodiöse, entspannte Musik mit raffinierten Passagen auf dem geheimnisvollen Chapmann-Stick, aber auch New Yorker Ungestüm, wenn Mack Goldsbury mit der Attitüde eines ungezogenen Engels ins Horn pustet. Dazu grinsende Percussions mit ökonomischsten Mitteln: Was zum Beispiel nach flirrender Hitze klingt, Zikaden, Libellenflug, macht Mesut Ali mit einer reisgefüllten Plastikmilchflasche, die er ganz leise am Mikrophon vorbeischüttelt.

Die CD zur Band scheint es übrigens nirgends zu geben als in einer Kreuzberger Weinhandlung. Ist das mit dem Dauergeheimtip doch reine Absicht? Anna Wassermeyer

Heute, 22 Uhr, Quasimodo, Kantstraße, Charlottenburg.

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