■ Standbild
: Banal gesalbt

„Höchstpersönlich: Justus Frantz“, Fr., 16.30 Uhr, ARD

Zuerst zickt er und ziert sich noch ein bißchen: Trotz vorheriger Absprache möchte Justus Frantz während des Auftritts nicht gefilmt werden. Welche Eitelkeiten da eigentlich im Spiele sind und welche konkreten Befürchtungen, bleibt bedauerlicherweise unerforscht. Die Autorin Heide Nullmeyer begnügt sich mit den halbgaren Ausflüchten des Maestros.

„Höchstpersönlich“ ist eine Porträtreihe von Radio Bremen, deren Titel, ob gewollt oder nicht, von vornherein eine gewisse Erhabenheit der Protagonisten verheißt. Entsprechend salbungsvoll gerät schon der Einstieg: Mit großer Geste führt der Maestro sein Orchester, energisch sticht er mit dem Dirigentenstäbchen auf die Musiker ein – keine Frage, hier wird ganz große Kunst veranstaltet.

Fünf Tage haben Nullmeyer und zwei Kamerateams den umtriebigen Frantz-Dampf-in-allen-Gassen während einer Konzertreise begleitet. Zurückhaltend kommentiert, vermittelt das Material einen streiflichtartigen Einblick ins Leben dieses Mannes, dem Hofstaat und Sponsoren alle Wege ebnen, ob ihm nun Hotelsuite und Limousine kostenlos zur Verfügung gestellt werden oder seine Assistentin die Schnittchen mundgerecht zubereitet.

Heide Nullmeyer scheint dem unleugbaren Charme des Liberace der Populärklassik ohne weiteres erlegen zu sein. In seiner durchaus gewinnenden Art gibt der rastlose Pianist, Orchester- und Festivalleiter, Hochschulprofessor und Medienstar Sätze zum besten wie: „Das Wort Karriere, das normalerweise ja mit Ehrgeiz sehr eng zusammenhängt, das fehlt in meinem Vokabular.“

Frantz weiß sich zu inszenieren, er entwaffnet seine Kritiker mit perfekt dargebotener lausbubenhafter Natürlichkeit. In Form banaler Verlegenheitsfragen liefert Nullmeyer ihm die Stichworte für scheinbar versonnenes Räsonnement – den Illusionisten bringt sie damit nicht in Verlegenheit. Indessen hätte man doch gern mal erfahren, wann der stets auf Reisen befindliche Herr Professor seinen Studentinnen und Studenten eigentlich für eine Sprechstunde zur Verfügung steht... Harald Keller

Foto: Kövesdi