Sellafield darf erweitern

■ Greenpeace-Klage zurückgewiesen

Dublin (taz) – Die gigantische Thermaloxyd-Wiederaufarbeitungsanlage (Thorp) auf dem Sellafield-Gelände im Nordwesten Englands hat am Freitag endgültig grünes Licht erhalten. Ein Londoner Gericht entschied, daß die Regierung „weder illegal noch unvernünftig“ gehandelt habe, als sie der 2,8 Milliarden Pfund (ca. 7,5 Mrd. Mark) teuren Anlage die Betriebsgenehmigung erteilte. Greenpeace, das im Auftrag von 85 Bezirksverwaltungen und 12.000 Anwohnern geklagt hatte, argumentierte vor Gericht, daß die Gründe für den Bau längst nicht mehr gelten: Mit dem Ende des Kalten Krieges sei der Bedarf an Plutonium zurückgegangen, die Pläne für die Schnellen Brüter seien aufgegeben worden, und Uran koste heute nur noch ein Sechzehntel im Vergleich zu 1978, als die Idee für Thorp geboren wurde.

Richter Potts stimmte Greenpeace zu, daß die Regierung verpflichtet sei, den Nutzen für die britische Wirtschaft gegen mögliche Gefahren durch radioaktive Emissionen abzuwägen. Er entschied jedoch, daß die Regierung mit ihrer Studie dieser Pflicht nachgekommen sei. Allerdings räumte Potts ein, daß sich die Politiker in Anbetracht der Opposition zu Thorp sehr unsensibel verhalten hätten, und weigerte sich, Greenpeace die Verfahrenskosten in Höhe von umgerechnet etwa einer Million Mark aufzubürden.

John Kane, Betriebsrat in Sellafield, sagte am Wochenende: „Regierung und Industrie müssen sich endlich über die Gefahren klarwerden, die von den grünen Fundamentalisten ausgehen, und sich dagegen wehren.“ In einem von den Bezirksverwaltungen in Auftrag gegebenen Untersuchungsbericht heißt es dagegen, daß es „eine Katastrophe von zehnfachem Tschernobyl-Ausmaß“ geben würde, wenn auch nur bei einem der Lagerungsbecken für hochradioaktiven Müll in Sellafield die Kühlung ausfiele. Je nach Windrichtung müßten dann zwischen zwei und 28 Millionen Menschen evakuiert werden. Ralf Sotscheck