: Keine Stimmen für die Opposition
Bei den ersten postkommunistischen Wahlen in Kasachstan sichert sich Präsident Nasarbajew seine Macht / Internationale Beobachter sprechen von Wahlfälschungen ■ Aus Moskau Klaus-Helge Donath
Die zentralasiatische Republik Kasachstan wählte ihr erstes postkommunistisches Parlament. 177 Abgeordnete gehören der neuen Legislative an. Nach ersten Ergebnissen kann Präsident Nursultan Nasarbajew überaus zufrieden sein. Dessen Partei, die Union der Volkseinheit, erhielt 30 Sitze. Doch beschränkt sich die Anhängerschaft nicht nur auf die Mitglieder der ihm nahestehenden Partei. Über eine „Staatsliste“ zogen weitere 42 Abgeordnete ins Parlament ein, die der Präsident selbst nominiert hat. Sie bekleiden hohe und höhere Staatsämter. Von ihrer Seite dürfte dem Staatsoberhaupt keine Gefahr erwachsen. Darüber hinaus rechnet man damit, daß ein Großteil der 60 „unabhängigen“ Parlamentarier ebenfalls Nasarbajew unterstützt, der damit über eine bequeme Zweidrittelmehrheit verfügt. Der Vorsitzende der Wahlkommission konnte keine Angaben machen, ob überhaupt Kandidaten der Opposition ins Parlament einziehen werden.
Internationale Beobachter hatten von Beginn an den gesamten Verlauf der Wahlen kritisiert. Bereits bei der kurzfristigen Registrierung der Kandidaten kam es zu Unregelmäßigkeiten. Vertreter der örtlichen Verwaltung sollen danach oppositionelle Parteien benachteiligt und Journalisten unter Druck gesetzt haben – nicht zuletzt weil sie selbst kandidierten. Neben einfachen Auszählfehlern seien Wahlurnen nicht richtig verschlossen worden. In anderen Fällen habe das Personal in den Wahllokalen die Urnen mit vorgefertigten Stimmzetteln gefüllt. Die zentrale Wahlkommission gestand einige Fehler ein, wies den Vorwurf undemokratischer Wahlen jedoch zurück. Als erste forderte die stellvertretende Vorsitzende eines breiten slawischen Bündnisses, Alexandra Dokutschajewa, „die Annullierung der Wahlen in Bezirken, wo Verstöße vorgefunden wurden“. Proteste kündigten auch Vertreter unabhängiger Gewerkschaften und der Vorsitzende der einflußreichen sozialistischen Partei, Wladimir Agafanow, an.
Unklar ist bisher auch, wie die Russen Kasachstans abstimmten. Offiziell versuchte Nasarbajew, ihnen gegenüber einen versöhnlichen Kurs zu fahren. Als Beweis verwies er auf Russen in seinem Kabinett. Was diesen jedoch nicht genügt. Die Kasachen fürchten dagegen Gebietsansprüche Rußlands, dessen nationalistische Kreise den Norden und Osten des Landes für genuin russischen Boden halten. Extrem nationalistische Organisationen, kasachischer und russischer Provenienz, sind seit längerem verboten und wurden zu den Wahlen nicht zugelassen. Eine „fundamentalislamische“ Gruppierung wurde ebenfalls ausgegrenzt.
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