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Sächsische Federn vom Platz pusten

■ Heute um 15.30 Uhr am Volkspark: Tabellenrang 6 gegen 18

In Dortmund haben vor Enttäuschung dampfende Fans ein Ventil entdeckt: es heißt Rot-Weiss Essen. An der Elbe jedoch ist alles anders. Selbst beim vierten Remis in Folge auf heimischem Grund würde die treue Gefolgschaft des HSV eher ein Ganzkörpergeschwür riskieren, als befreiend „St. Pauli“ zu skandieren. Dabei gäbe es in der hanseatischen Fußballwelt, auf den Stehtraversen am Volkspark-West, kein deutlicheres Mittel, lustlosen Spielern schneidende Verachtung zu zeigen. Und Verachtung, seien wir einmal ehrlich, wird im Fanherzen brodeln, wenn Thomas von Heesen und Co. das Tabellenschlußlicht aus Leipzig nicht besiegen.

Natürlich - und besonders nach den dunklen zehn Minuten vom letzten Wochenende - weiß dies auch Benno Möhlmann. „Nach einer 0:4-Niederlage in Stuttgart kann niemand bei uns irgendwen auf die leichte Schulter nehmen“, verlautbarte der Coach 48 Stunden vor dem Anpfiff. Im Klartext: Die Federn aus Leipzig müssen vom Platz gepustet werden, denn ein erhitzter Coach bringt Teer zum Kochen!

Siegesvorkehrungen trifft man ja derzeit genug beim HSV. Da wäre die zweijährige Verpflichtung des zunächst von Lewski Spartak Sofia nur geliehenen bulgarischen Nationalspielers Peter Hubtschew zu nennen und die vorübergehende Trennung vom dänischen Unglücksraben Stig Töfting. Der erst im vergangenen Sommer für 550.000 Mark Ablöse verpflichtete Mittelfeldspieler kehrt voraussichtlich bis Saisonende auf Leihbasis zu BK Odense in seine Heimat zurück. In der sonnabendlichen Partie gegen den VfB Leipzig wird Armin Eck im Abwehrzentrum für den gesperrten Peter Hubtschew aufspielen. Armin Eck, der seinen Trainer jüngst bezichtigte, ihn vergessen zu haben, erhält nach neunmonatiger Pause die Chance zur einprägsamen Demonstration seines Könnens. Michael Kostner steht nach seiner Achillessehnen-Verletzung noch nicht wieder zur Disposition. Als Libero-Lösung bieten sich daher Stefan Schnoor und Markus Babbel an.

Torjäger Karsten Bäron plagt das linke Knie, auf dessen Scheibe er im Training einen Schlag erhielt. Auflaufen wird die stürmende Spaghetti, wie ihn einige Fans liebevoll nennen, trotzdem - wenn auch nicht volle 90 Minuten.

In Leipzig haben sich die dreitägigen Turbulenzen um die Rücktritts-Ankündigung von Trainer Jürgen Sundermann und den anschließenden Rücktritt vom Rücktritt rechtzeitig vor dem Gastspiel beim HSV gelegt. Mehr noch: Im Sächsischen trotzt man der Aussichtslosigkeit der finalen Tabellenlage. „Wir haben theoretisch immer noch Chancen auf den Klassenerhalt, und solange die vorhanden sind, wird jeder alles dafür tun, daß wir das Wunder noch packen“, meinte Jürgen Sundermann wieder hoffnungsvoll. Der 54jährige einstige „Wundermann“ verhalf seiner Equipe schließlich 1993 nicht zur Erstklassigkeit, um sie nach einer Ehrenrunde wieder in den Sumpf der zweiten Liga zu ziehen.

Claudia Thomsen

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