Die Treppe wird zum Edel-Tisch

■ Funktionierende Türen sind kein Bauschutt / Größter Müllberg noch immer unbeachtet / Europäisches Pilotprojekt rettet auch Parkett vor der Abrißbirne

Rote Karten für den Grünen Punkt und dessen gelbe Säcke sind mittlerweile an der Tagesordnung. Dem Hausmüll wird deutlich mehr Beachtung als den Bauabfällen geschenkt. Dabei beanspruchen diese mit Abstand am meisten Platz auf den Deponien. Gut 40 Millionen Tonnen Hausmüll werden in Deutschland jährlich produziert. Das Fünffache, mehr als 200 Millionen Tonnen im Jahr, entsteht allein durch Bauabfälle.

„Gerade die hochwertigen Materialien müssen gerettet werden“, fordert Bernard Langfermann vom BauElementeLager (BEL) in Berlin-Spandau. BEL bietet Hausbesitzern und Abriß-Unternehmen eine Teilentkernung an: Dabei wird das Holz aus dem Gebäude entfernt, auf Wunsch auch das Metall. Vorteil für die Auftraggeber ist, daß das abgerissene Haus dann als weitestgehend sortenreiner Schutt gilt. Deponieplatz ist dadurch leichter zu finden, erheblich billiger wird er auch.

Bei BEL wird währenddessen alles bearbeitet, was noch irgendwie brauchbar ist, denn der 56-Personen-Betrieb beschäftigt vor allem Handwerker. Diese beweisen Phantasie: „Die Nachfrage nach Parkett ist enorm“, berichtet Langfermann und erklärt: „Den Vorteil, daß es sich praktisch nicht mehr verzieht, bietet aber auch anderes Alt-Holz: Kurze Dielen aus schmalen Fluren seien hervorragend geeignet, um Parkettstäbchen anzufertigen.

Auch abgelaufene Treppenstufen könnten zu Parkett verarbeitet werden, „wenn nicht gerade jemand eine schöne Holzfensterbank braucht“. Der neueste Clou: Wenn das Holz zu dünn ist, werden daraus gestylte Arbeitsplatten im Parkett-Design.

Doch gekauft werden die aufgearbeiteten Flügeltüren, Jugendstil- Fenster und Metallgeländer nur, wenn die Preise niedrig sind. Und Hausbesitzer lassen die Material- Retter nur in ihre Bruchbude, wenn deren Rechnung unter den gesparten Deponiekosten liegt.

Beiden Ansprüchen kann BEL nur dank erheblicher Anschubfinanzierung gerecht werden: Zum einen arbeiten bei BEL vorrangig ABM-Kräfte, zum anderen erhält das Projekt Geld vom Berliner Senat, dessen Umweltförderprogramm zu einem großen Teil durch die Europäische Union refinanziert wird. Rund 10 Millionen Mark wird der Betrieb bis Ende nächsten Jahres erhalten haben, dann soll er sich tragen.

Subventioniert wird damit eigentlich die Baustoffindustrie, denn die braucht sich bislang um die ferne Zukunft ihrer Produkte nicht zu kümmern. Doch die Diskussion um den Slogan „Internalisierung externer Kosten“ zeigt Wirkung: Die Hersteller von PVC- Fenstern, die wegen des zunehmenden Umweltbewußtseins der Käufer Fracksausen bekommen, versuchen ihr Image durch die Fenster Recycling Initiative (FREI) im niedersächsischen Rahden aufzupeppen. Deren „Öko- Vereinbarungen“ lassen aber offen, ob Fenster überhaupt vor Abriß ausgebaut werden.

Bislang enden die meisten Häuser bestenfalls als Unterboden im Straßenbau. Das gilt auch für Berlin, wo mehr gebaut und abgerissen wird als sonstwo in der Republik. Zwar verweisen Politiker dort stolz auf die Gewerbeabfall-Sortieranlage des Müll- und Basketball-Giganten Alba, doch Betriebsleiter Günter Zimmermann winkt ab: „Wir haben eine Sortieranlage für Baustellen-Mischabfälle, da kommt alles hin, was rumliegt, wenn ein Haus gebaut wird.“ 17.500 Tonnen würden allein dort jährlich sortiert, so Zimmermann, der Schutt von Abrißhäusern gehöre jedoch nicht dazu. Der Pfälzer Frisör Olaf Karkoschka sammelt Ersatzteile in verfallenen Fachwerkhäusern, zudem spüren in Bremen und Duisburg kleinere ABM-Projekte Brauchbares für Jugendzentren oder Selbsthilfe- Treffs auf. Doch Ansprechpartner, die komplett entkernen und die Teile erneut ihrer eigentlichen Verwendung zuzuführen, gibt es nicht.

Für Ziegel ist auch noch keine Lösung in Sicht. „So etwas wie Trümmerfrauen darf es nie wieder geben“, wiegelt BEL-Sprecher Langfermann ab. Mörtel abzuklopfen sei eine unzumutbare und zudem nie zu finanzierende Arbeit.

Eine maschinelle Ziegel-Reinigung gebe es leider noch nicht, „da ist halt Phantasie gefragt“. ca