: „Volkszählungssyndrom“ begünstigt Umwandler
„Top Chancen für Geldanleger“, jubilierte die Zeitschrift „Capital“ bereits Anfang des Jahres, biete die „Altbausanierung“ in Ottensen. „Durch die „hervorragende Infrastruktur und Zentrumslage“ seien in dem elbnahen Stadtteil für Immobilienspekulanten „noch erhebliche Wertzuwächse“ drin. Seit der Bundesgerichtshof Mitte 1992 die Umwandlung von Mietwohnungen in Wohneigentum höchstrichterlich erleichterte, boomt das Geschäft mit den Immobilien wieder. Capital: „Die Preiswelle rollt“.
Einzige Hamburger Möglichkeit der Gegenwehr: die Erhaltenssatzung für Umwandlungsgebiete. Nur damit können Luxus-Modernisierungen untersagt, Aufkäufe von Miethäusern durch Umwandlungsspekulanten mit Hilfe eines städtischen Vorkaufsrechts blockiert werden. Vier solcher Erhaltenssatzungen hat der Senat bislang auf den Weg gebracht: in Eimsbüttel, in Hamm und – gleich zweimal – in der südlichen Neustadt.
Doch gerade die Umwandlungs-Hochburg Altona ging in der Erhaltenssatzungs-Lotterie bislang leer aus: „Wir brauchen eine solche Schutzsatzung für Ottensen“, weiß Karin Aßmus von „Mieter helfen Mietern“. Darüber hinaus forderte die Bezirksversammlung Altona mit den Stimmen von SPD, GAL und Statt Partei Ende Januar die Stadt auf, auch das Sanierungsgebiet Schulterblatt per Erhaltenssatzung vor Umwandlungsspekulanten zu schützen. Doch der ehemalige Hamburger Sozialsenator Jan Ehlers (SPD) wehrt solche Begehrlichkeiten von vornherein ab: „Wir wollen erstmal Erfahrungen mit den vier beschlossenen Satzungen machen, bevor wir uns an neue heranwagen“.
Denn wie begrenzt die Möglichkeiten der Erhaltenssatzung sind, beweist schon jetzt der Eimsbüttler Raum. Obwohl als erster Stadtteil zum Erhaltensgebiet auserkoren, verebbte die Flut der Abgeschlossenheitsanträge hier bislang kaum. Horst Ciesinsky, Leiter der bezirklichen Bauprüfabteilung, kann seit dem Aufstellungsbeschluß jedenfalls „keine gravierende Zäsur“ erkennen.
Noch größere Probleme gibt es bei den beiden geplanten Erhaltensgebieten in der südlichen Neustadt. Der Grund: Viele AnwohnerInnen verweigern der Behörde die Antworten auf eine umfangreiche MieterInnenbefragung, deren Ergebnisse das rechtliche Fundament für die Ausrufung der beiden Areale zur Schutzzone vor Spekulanten darstellen soll. Den Grund dafür bringt man in der Steb hinter vorgehaltener Hand auf einen knappen Nenner: „Volkszählungs-Syndrom“. Marco Carini
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