Norwegens Fisch nur noch Randthema

Bei den Beitrittsverhandlungen mit dem skandinavischen Land geht es jetzt vor allem um den EU-internen Streit über die Zahl der für ein Veto benötigten Stimmen  ■ Aus Brüssel Alois Berger

Die Europäische Union hat sich an der Frage der künftigen Ausgestaltung der Vetomöglichkeiten im Ministerrat festgebissen. Bei den vor einer Woche entnervt abgebrochenen und gestern wieder aufgenommenen Verhandlungen der Außenminister der 12 EU-Staaten mit dem Beitrittskandidaten Norwegen schien es nur noch am Rande um die Aufnahmebedingungen für Norwegen zu gehen.

Selbst die Fischfangrechte für Spanien und Portugal in norwegischen Gewässern spielten nur noch eine Nebenrolle. Die anderen EU- Länder hatten letzte Woche angeboten, die geforderten Fangrechte für die iberischen Fischer in russischen und sonstigen Gewässern zu kaufen. Die Europäische Union gibt bereits heute jährlich rund 300 Millionen Ecu aus, um vorwiegend vor der afrikanischen Küste ungefangenen Fisch zu kaufen, der dann hauptsächlich von spanischen Trawlern aus dem Wasser geholt wird. Letzte Woche bestand Spanien trotzdem darauf, daß seine Fischer die „historischen Rechte“ nicht irgendwo auf der Welt, sondern in norwegischen Gewässern hätten.

In der Zwischenzeit dürften die anderen EU-Regierungen dem spanischen Premierminister Filipe Gonzales von dem Verdacht erzählt haben, Madrid wolle Norwegen so viele Zugeständnisse abknöpfen, bis sicher sei, daß die norwegische Bevölkerung den EU- Beitritt bei der vorgeschriebenen Volksabstimmung ablehne. Der spanische Außenminister Xavier Solana sagte gestern mittag in Brüssel, seine Regierung werde ein bißchen nachgeben. Er wollte aber nicht sagen, wo und wieviel.

Nicht nur die Regierung in Madrid, auch die in London wurde eine Woche lang telefonisch von Ministern aus den anderen Hauptstädten bearbeitet, um endlich bei der Frage der Sperrminorität einzulenken. Durch die Aufstockung der EU von 12 auf 16 Länder müßte auch die Vetoregelung bei Mehrheitsentscheidungen im Ministerrat angepaßt werden. Nach dem Maastrichter Vertrag können bisher 23 von 76 Stimmen eine Entscheidung blockieren, das sind in der Regel drei der zwölf Länder. Um den Ministerrat, in dem alle wichtigen Beschlüsse gefaßt werden, nicht noch schwerfälliger zu machen, müßte die Sperrminorität bei 16 Ländern auf 27 Stimmen erhöht werden. Doch sowohl Spanien als auch Großbritannien sträuben sich dagegen, weil sie dann nicht mehr nur zwei, sondern künftig drei und manchmal sogar vier Verbündete bräuchten, um Entscheidungen blockieren zu können.

Das Europaparlament, das nach dem Maastrichter Vertrag die Erweiterung mitbeschließen muß, hat quer durch die wichtigsten Fraktionen angekündigt, seine Zustimmung von einer Anhebung der Sperrminorität auf 27 Simmen abhängig zu machen. Nach einem Scheitern der aktuellen Verhandlungen bliebe als letzter Ausweg nur noch ein Sondergipfel der Regierungschefs, die im Gegensatz zu ihren Außenministern den vollen politischen Verhandlungsspielraum haben und nicht immer zu Hause anrufen müssen, wie weit sie den anderen entgegen kommen können. Wenn die Frage nicht spätestens bis zum 4. Mai, dem Tag der Abstimmung in Straßburg, gelöst ist, wird sich auch der bereits ausgehandelte Beitritt von Österreich, Schweden und Finnland nach hinten verschieben.