Eine Stimme für die Frau

■ Erika Riemer-Noltenius rät: Frauen kandidieren ganz ohne Partei

Der Bundestagskandidat der SPD im Wahlkreis Ost, Volker Kröning, hat eine entschlossene Konkurrentin bekommen: die Politologin Erika Riemer-Noltenius. Für eine Kandidatur braucht sie nämlich keine Partei, es reicht, wenn sie dem Wahlleiter 200 Unterschriften vorlegt. Gewählt würde sie über die Erststimme. Denn die Hälfte der Bundestagsabgeordneten wird per Mehrheitswahlrecht und damit per Erststimme direkt gewählt.

Das könnte ein Ausweg aus der Misere sein, daß nur knapp 20 Prozent der Bundestagsabgeordneten Frauen sind, sagt Erika Riemer-Noltenius. Der demütigende Weg durch die männerdominierten Parteien entfiele. Als Vorsitzende des Bremer Frauenausschusses habe sie mit den rund 40.000 Mitgliedern der verschiedensten Fraueninitiativen und -verbänden ebenfalls eine breite Unterstützerinnenszene. Nun verbreitet Riemer-Noltenius ihre „frohe Botschaft“ bundesweit, hat auch schon eine prominente Verbündete gewonnen: Alice Schwarzer. „Die ist ja mittlerweile zu einer Integrationsfigur geworden.“ In Bremen Nord gibt es eine Interessentin, in Niedersachsen bereits mehrere.

Ein gemeinsames Programm werden die Kandidatinnen nicht haben, sie firmieren nur für den Wahlzettel unter dem Namen „Politisches Frauen-Netzwerk“. Vor Bundestagsabstimmungen könnten sich die Frauen ja zu einem Runden Tisch zusammensetzen und per Mehrheitsbeschluß eine Meinung festlegen. Das sei aber durchaus etwas anderes als Fraktionsdisziplin, findet Riemer-Noltenius. Bei so kontroversen Themen wie dem Paragraphen 218 wiederum sei jede nur ihrem Gewissen verpflichtet.

Wenn nur alle frustrierten Parteifrauen ihre Parteien verließen und sich einer solchen Gruppierung anschlössen, träumt sie. Sowas hat Ulrike Schreiber, Bürgerschaftsabgeordnete der CDU, auch im Traum nicht vor: „Wir sind sicher solidarische Frauen, aber wir stehen auch hinter den Grundsätzen unserer Partei.“ Die Frauen der Union wollen deshalb auch am Samstag bei der Jahrestagung des Frauenausschusses gegen eine Unterstützung der Direktmandats-Idee stimmen. In der CDU Bremen mache man durchaus kleine Fortschritte: erst gab es nur drei weibliche CDU-Bürgerschaftsabgeordnete, dann sieben, beim nächstenmal sind es vielleicht schon zehn ...

„Ach“, sagt dazu Maria Spieker, Abgeordnete der Grünen, „anders als mit List oder Druckmitteln wie der Quote geht es doch nicht, das Recht der Frauen durchzusetzen. Das Recht nämlich, genauso gute oder schlechte Politik wie die Männer zu machen.“

Mindestens eine Einzelkandidatin hat es in Bremen schon gegeben, nämlich Uta Ranke-Heinemann, die 1987 unter der firmierung „Frieden“ auftrat und 1,8 Prozent der Stimmen in ihrem Bremer Wahlkreis ergatterte. cis