Mit Charme, Dutt und Tom Jones

■ Das Bremer Juniorentanzpaar Wartjes/ Seufert-Lins will heute die Deutsche Meisterschaft

Der Cha-Cha-Cha, der bedeutet in Mexiko soviel wie ein „koketter Flirt“. Kokett ist, wenn sie beim Tanzen einfach zur Seite kuckt, meint Eva. Vier Jahre Flirtschule hat sie bereits hinter sich. Mit stets dem gleichen Mann. Seit vier Jahren trainiert Eva mit ihrem Partner Sebastian lateinamerikanischen Tanz. Und wenn sie heute im afro-kubanischen Liebestanz, der Rumba, Sebastian so anmacht, da kann ihr wirklicher Freund schon eifersüchtig werden. „Aber das ist ja Schauspielerei. Ich liebe Sebastian ja nicht.“

Trotzdem sind Eva Wartjes und Sebastian Seufert-Lins ein Paar. Ein Bremer Tanzpaar, das sich heute bei den deutschen Juniorenmeisterschaften in Delmenhorst ganz nach vorne tanzen will. Und ein Liebespaar, das waren die beiden auch schon mal gewesen. Aber nur elf Monate, und überhaupt war sie damals 12, er 15. Damals fingen die beiden gerade mit dem Tanz-Latein an. „Das war am Anfang schon schwer. Gerade, weil wir uns ja gegenseitig anfassen mußten.“

Tanzen aber wollten die Jung-Teenies, und wurden von den ebenfalls tanzenden Eltern im Bremer Club Grün Gold zusammengebracht. Eva war dort mit Abstand die Jüngste im Verein gewesen; jetzt meint sie sinnierend, daß sie in der Tanz-Welt irgendwie ziemlich schnell erwachsen geworden ist. „Man kommt sich so ernst vor, man reift schneller. Inzwischen bin ich aber, glaube ich, zurückgereift. Ich bin so albern.“ Kokett.

Die beiden gefallen sich sichtbar im Rollenspiel, sie haben gelernt sich zu präsentieren. Da bieten die lateinamerikanischen Tänze Gelegenheit en masse: Sebastian liebt sich als Torero beim Paso doble (Eva: „Macho“), wenn Eva „südländisch drauf“ ist, tanzt sie die Samba am besten, den Jive, wenn sie „abfetzen“ will. Überhaupt macht beiden Latein so Spaß, weil die Musik schön peppig ist. „Du kannst natürlich auch nach Hugo Strasser tanzen. Wir suchen uns aber lieber Sachen, die in den Charts sind. Prince zum Beispiel. Oder Tom Jones (geil). Auf den paßt alles, Paso doble, Samba, Rumba ... auf Prince kann man Cha-Cha tanzen.“

Da legen dann die beiden ein ganz schönes Tempo aufs Parkett. Jeder Tanz ist für sie wie ein 500-Meter-Lauf, „aber das soll man dir ja nicht ansehen“. Die nötige Kondition trimmt ihnen Evas Vater Uwe an, der professioneller Tanzlehrer ist. Er hat Eva und Sebastian auch beigebracht, sich auf der Tanzfläche wie auf der Bühne zu geben. Blicke werfen, strahlen, sich darstellen. Das darf aber nicht zu aufdringlich oder ordinär werden. Für Eva heißt das: „Ich darf nur Sebastian anbaggern. Anbaggern heißt ja, daß eine Frau verspricht, daß man sie auch kriegen kann. Ich darf aber nur so weit gehen, daß die Leute sich wünschen, sie wären gern mein Partner.“

Ganz normal ist das Tanzen für beide nicht, aber es ist auch keine andere Welt, sagen sie. Filme wie Dirty Dancing oder Strictly Ballroom finden sie „zum Kotzen“, weil die so überzogen sind. In Strictly Ballroom seien vor allem die Frisuren und die Kleider der Damen so abartig. „Dieses angeklatschte Haar wird zum Glück seltener“, meint Sebastian. Jedoch: ne Dame im tollen Kleid ist ihm allemal lieber als eine in Schlabberjeans. Er selbst trägt auf dem Parkett eine („etwas unübliche“) schwarze Stoffhose, das Hemd „meistens ein bißchen offen, aber nicht zu weit, das find ich blöde“. Eva läßt sich gerade ein neues Kleid schneidern, „ganz wenig dran, ha“. Es sei schon ein gutes Gefühl, ein tolles Outfit zu haben. Nur das Geglitzere könne sie nun überhaupt nicht faszinieren.

Die FreundInnen in der Schule finden es stark, daß Eva und Sebastian sich so weit vorgetanzt haben. Viele haben versprochen, heute nach Delmenhorst zu kommen. Wenn die beiden dort in guter Flirtlaune sind und Erste oder Zweite werden – dann fahren sie Mitte April zur Weltmeisterschaft nach Ljubljana in Slowenien. Es gibt übrigens noch Karten, ansonsten sind die zwei morgen ab 16.30 Uhr im DSF zu sehen. Silvia Plahl