: Flüchtlingskäfig im Glasmoor
■ Abschiebeknast für Flüchtlinge in Norderstedt: Wenig Hofgang, wenig Besuch, aber sehr viel Zaun Von Sannah Koch
Ein Menschenkäfig im Moor: Neuartig ist er, fortschrittlich mögen ihn manche finden, aber es bleibt ein Menschenkäfig im Moor. Vier Meter hohe Zäune, gekrönt von zig Metern Stacheldrahtrollen, prägen das Äußere des neuen Hamburger Abschiebeknasts für Asylbewerber auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt Glasmoor (Norderstedt). Dahinter: trostlose Container (“Mobilbauten“), auch sie reichlich mit Gittern versehen. Und wenn die Justizbehörde sich auch bemüht zu betonen, daß hier keine Straftäter gefangen gehalten werden – die Haftbedingungen entsprechen diesen Beteuerungen keineswegs.
Mitte Februar wurde das viereinhalb Millionen Mark teure Abschiebegefängnis für die Übergangszeit von fünf Jahren in Betrieb genommen. Es bietet in dem flachen Blechbau aus 30 Containern in Sechs-Mann-Zellen Platz für 84 abgelehnte Asylsuchende und soll damit der Entlastung der anderen, chronisch überbelegten Haftanstalten dienen. Ganz ging die Rechnung allerdings nicht auf: Die Zahl der Flüchtlinge, die aus Hamburg abgeschoben werden, ändert sich wöchentlich – im Herbst hatte die Behörde noch mit durchschnittlich 40 bis 50 Menschen gerechnet, derzeit sind es jedoch 145 Flüchtlinge, die bis zu ihrer Ausweisung in Haft genommen werden. Der Großteil wird wie früher in die Fuhlsbüttler Anstalt I oder das Untersuchungsgefängnis am Holstenglacis eingesperrt. 1993 sind 2370 Menschen aus Hamburg abgeschoben worden, 1992 waren es fast 700 weniger.
Momentan sitzen in Glasmoor 25 Männer aus der Türkei, Rumänien, Russland, Polen, Ghana und Kenia, weil sie ihrer Ausreiseaufforderung nicht termingerecht oder freiwillig nachgekommen sind. Die Haftbedingungen sind streng – rigoroser als für viele Straftäter im Regelvollzug. Den größten Teil des Tages sind die Männer in ihren Zellen eingeschlossen. Eine Stunde am Tag ist Hofgang – in einem weiteren Käfig-Quadrat, mit Gehwegplatten rund um ein bißchen schlammige Erde verlegt.
Nur ein bis zwei Stunden am Tag werden die Zellen aufgeschlossen, alle 14 Tage darf Besuch für eine Stunde kommen. „Würden wir die Zellen länger öffnen, bräuchten wir mehr Personal, und das würde zu teuer“, begründet dies der Leiter der JVA-Glasmoor, Harold Buck. Die durchschnittliche Verweildauer für die Abschiebhäftlinge liegt bei vier Wochen. Ihren Abschiebetermin, so ein Vollzugsbeamter, erfahren die Flüchtlinge in der Regel einen Tag vorher. Neu an der Abschiebeanstalt in Glasmoor ist auch, daß hier erstmals ein privater Wachdienst engagiert wurde. Die 18 Männer überwachen Essenausgabe, Besuch und Hofgang, sie dürfen auschließlich auf Anweisung der Beamten handeln. „Die Zusammenarbeit läuft sehr gut“, betont Buck.
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