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Beitrag zur Verharmlosung

■ betr.: „Offen und Offensiv“, taz vom 9.3.1994

Herr Kowalsky,

die momentane Auflage der neurechten Jungen Freiheit liegt zwar bei 80.000, aber von der 1. wöchentlichen Auflage sind nur 30.000 an Kioske ausgeliefert und davon nur 5100 verkauft worden. Mit der Begründung einem Werbeboykott zu unterliegen bringt sie nun einen Werbeaufkleber heraus. Die von Ihnen kritisierte antifaschistische Entlarvungs- und Boykottstrategie scheint, diesmal jedenfalls, aufzugehen.

Natürlich muß die antifaschistische und antinationale Linke die Thesen und Themen der Neuen Rechten widerlegen, aber warum dieses ausgerechnet mit ihnen und ihren Publikationen geschehen muß, den Beweis bleiben Sie schuldig. Stattdessen muß ausgerechnet der Aufruf zur Wachsamkeit als Rechtfertigung für Ihr Interview in der Jungen Freiheit herhalten. Im Gegensatz zu Ihnen, Herrn Glotz, Herrn Templin oder Herrn Scheringer, haben Teile der französischen Intellektuellen aus den Fehlern im Umgang mit der Nouvelle droite gelernt. Sie schrieben in Ihrem Aufruf: „Wir verpflichten uns, jede Zusammenarbeit mit Zeitschriften oder Sammelwerken, die Mitwirkung an Rundfunk- und Fernsehsendungen sowie die Teilnahme an Kolloquien abzulehnen, die von Personen geleitet werden, deren Verbindungen mit der extremen Rechten sich bestätigen.“

Ihre Interpretation des Aufrufs, Herr Kowalsky, ist wohl eher der Affinität zu Ihren Interviewern geschuldet, schließlich waren Sie in der Jungen Freiheit ja redlich bemüht der Linken die Nation näher zu bringen. Weil Linke aber kaum zu dem Naziblatt, lieber jedoch zu den Blättern für deutsche und internationale Politik greifen, erläuterten Sie dort schon in der Ausgabe 12/91 wo es mit der nationalen Linken langgeht. Indirekt empfohlen Sie dort eine Verschärfung des Asylgesetzes zum Schutz vor Wirtschaftsflüchtlingen. Als politische GegnerInnen beschrieben Sie dort weiterhin, „Inländerfeinde“, die „...als Abhilfe gegen „Ausländerfeindlichkeit“ (Anführungszeichen im Original) bunte Bilder einer multikulturellen Gesellschaft... beschwören.“

Die taz leistet ihren Beitrag zur Verharmlosung, in dem sie nicht einmal den von Ihnen in der Jungen Freiheit gemachten Unterschied zwischen rechts und rechtsextrem macht: Die akademischen Ideologen eines aktualisierten Faschismus werden zu Rechtsintellektuellen stilisiert.

Vor 5 Jahren diskutierte noch niemand mit der Neuen Rechten, heute macht sich die taz für einen demokratischen Diskurs mit den erklärten Feinden der (Presse- und Meinungs-) Freiheit stark. In 2-3 Jahren werden Sie dann ja vielleicht den LeserInnen erklären, wieso es nötig ist, in Nazizeitungen über die Auschwitzlüge zu diskutieren. Felix Krebs, Konkret-Autor, Hamburg

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