Erster Erfolg für „Redaktions-Sowjet“

■ Strittige „Welt“-Redakteure versetzt

Berlin (taz) – In der Redaktion der Welt steigt die Stimmung: Die Redakteure, die gegen den Rechtsruck ihrer Zeitung protestierten, dürfen einen ersten Erfolg verbuchen. Heimo Schwilk und Ulrich Schacht, zwei der umstrittenen Kollegen, wurden vergangene Woche zur Welt am Sonntag zurückdeligiert. Offizielle Begründung: Wegen des hohen Anzeigenaufkommens werde ihre Arbeitskraft dort benötigt.

Tatsächlich waren der Kulturchef und sein Reporter untragbar geworden. Zu groß war die Empörung der Redaktion, nachdem in der samstäglichen „Geistigen Welt“ massiv rechtslastige Artikel auftauchten. Will Tremper durfte in einer Besprechung von „Schindlers Liste“ mutmaßen, daß den Holocaust überlebende Juden ihre Leidenszeit im nachhinein dramatisierten. Schacht geißelte den „Nationalmasochismus“ deutscher Dichter, und Ressortleiter Rainer Zitelmann teufelte gegen „domestizierte Konservative“, die das „Doppeltrauma von 1933ff und 1968ff“ nicht überwunden hätten.

In einer Krisensitzung meuterten die Redakteure offen gegen die Zitelmann-Kombo und Redaktionsdirektor Manfred Geist. Der Abgang von Schwilk und Schacht macht ihnen nun Mut. Zitelmann jedoch bleibt ihnen vorerst erhalten. Allerdings läßt sich dieser nur noch selten bei seinen Redakteuren blicken, seit er öffentlich stark unter Beschuß geraten ist. Da hilft ihm auch die Ehrenerklärung wenig, die – unterzeichnet auch von SPDler Fichter und Bürgerrechtler Templin – im Medien-Informationsdienst rundy abgedruckt wurde. „Wer in einem solchen Medium veröffentlicht, enttarnt sich selbst“, sagt ein Redakteur. In der Redaktion löste der rundy-Artikel große Heiterkeit aus: Von einem „linken Medienkartell gegen demokratische Journalisten“ ist da die Rede, von einem „linksdrehenden Redaktionsräderwerk“, von „Tribunal-Methoden eines Redaktions-Sowjets“. „So links“, feixt ein Redakteur, „waren wir noch nie.“ Michaela Schießl