Unis wollen Selbstkritik

■ Oldenburg, Bremen, Hamburg und Rostock prüfen Studium und Lehre unter die Lupe

Die norddeutschen Universitäten in Oldenburg, Bremen, Hamburg und Rostock wollen ihre Lehre einer gemeinsamen Selbstkritik unterziehen. In einem gestern in Bremen unterschriebenen Vertrag verpflichten sich die Hochschulen dazu, jedes Jahr die Ausbildungssituation in zwei Fächern unter die Lupe zu nehmen.

Parallel zu den bestehenden Selbstverwaltungsstrukturen der Universitäten sollen dafür paritätisch besetzte Kommissionen eingerichtet werden, die eine selbstkritische Bilanz von Studium und Lehre in ihrem Fachbereich ziehen. Und eine aus allen vier Standorten unter internationaler Beteiligung zusammengesetzte Kommission soll anschließend im Vergleich der Universitäten konkrete Verbesserungsvorschläge machen. „Es geht uns aber nicht um eine neue Uni-Rangliste mit Punktsystem, sondern um das Lernen aus einem intensiven Erfahrungsaustausch“, sagte Rostocks Uni-Rektor Gerhard Maeß gestern.

„Wir wollen auch den ersten Schritt in Richtung einer größeren Autonomie der Universitäten gehen“, ergänzte Hamburgs Uni-Präsident Jürgen Lüthje. Nur mit einer solchen „freiwilligen Selbstkontrolle“ könne womöglich die staatliche Überprüfung abgewendet werden, deren Kritierien dann nicht mehr von den Universitäten bestimmt würden. Denn zur Finanzierung einer völlig unabhängigen privatwirtschaftlichen Betriebsberatung seien die Universitäten „nicht annähernd in der Lage“.

Bremens Uni-Rektor Jürgen Timm verband die Vertragsunterzeichnung mit einer scharfen Kritik an den bestehenden Strukturen der Universitäten. „Unsere Gremien sind zu einer grundsätzlichen Neugestaltung von Studium und Lehre nicht in der Lage“, sagte er. Ohne eine gemeinsame Zielvorgabe konnten die Selbstverwaltungen der Fachbereiche bisher „quasi machen, was sie wollten“. Von den Selbstkritik-Kommissionen erhofft er sich ein offeneres Gespräch und die Entstehung einer neuen „kommunikativen Kultur“.

Vorbild für die bundesländerübergreifende Initiative der vier Universitäten ist das niederländische Prinzip der Hochschulevaluation. Dort haben die Universitäten bereits seit langer Zeit einen hohen Grad an Selbstverantwortung über ihre Strukturen und die Verwendung der Finanzmittel und bemühen sich deshalb weit mehr als deutsche Universitäten darum, voneinander zu lernen. Um von dieser Erfahrung zu profitieren, wird sich an den neuen norddeutschen Selbstkritik-Kommissionen sich regelmäßig auch ein Vertreter der Universität Groningen beteiligen.

Das Projekt wird im Sommersemester '94 mit den Fächer Germanistik und Biologie begonnen. Die jeweiligen vergleichenden Abschlußberichte sollen am Ende dieses Jahres vorliegen. Ase