■ Mit Mexikos Bauern auf du und du
: Am Rand des Ruins

Mexiko-Stadt – Gestern feierten die Bauern Mexikos den 75jährigen Todestag des Volkshelden Emiliano Zapata, der gegen die reichen Großgrundbesitzer kämpfte. „Land und Freiheit“ und „Das Land gehört denen, die darauf arbeiten“ waren seine Parolen. Heute stehen die knapp 30 Millionen mexikanischen Bauern mit kleinen und mittleren Betrieben am Rand des Ruins. 14,9 Millionen Mexikaner leben in bitterer Armut, die meisten auf dem Land.

José Luis Calva, Wirtschaftswissenschaftler an der Universität von Mexiko, führt das „Desaster“ auf die neoliberale Wirtschaftspolitik der Regierung zurück. Innerhalb von zehn Jahren habe die Regierung die Agrarhilfe um 80 Prozent gekürzt. In dieser Zeit seien aber die Kosten für Dünger und Maschinen enorm gestiegen. Die Rotstiftpolitik wirkte sich verheerend auf die Landwirtschaft aus. Die Einnahmen sanken im Schnitt um 24 Prozent, bei Mais sogar um 46 Prozent, bei Weizen um 38 Prozent und bei Sojabohnen um 58 Prozent.

Verschärft wurde das Elend auf dem Land durch die Reform des Artikels 27 der mexikanischen Verfassung. Nach einem Beschluß der Regierung Salinas darf künftig kommunales Land verkauft werden, was bisher nicht möglich war. Private Investoren sollten angelockt werden, um den Ackerbau voranzubringen. Aber weder Mexikaner noch Ausländer wollten sich in der unrentablen Landwirtschaft betätigen. „Wer hat schon Interesse daran, in ein Verlustgeschäft zu investieren?“ fragt Calva. Die Schulden der Landwirte hätten sich zwischen 1988 und 1993 verdreizehnfacht, Kredite in Höhe von umgerechnet rund 2,3 Milliarden Mark wurden aufgenommen.

Der Niedergang der mexikanischen Landwirtschaft brachte eine Vielzahl sozialer Probleme mit sich. Schon morgen, so Calva, könnte es in jeder anderen Ecke des Landes Aufstände geben wie im südlichen Bundesstaat Chiapas, wo eine Handvoll Großgrundbesitzer fast die Hälfte der Agrarfläche besitzt.