: Volksverhetzer Schönhuber
■ Der „Republikaner“-Chef ist ein Genie des nichtwörtlichen Sprechens: Antisemitismus transportiert er durch Anspielungen
PolitikerInnen aller Parteien denken derzeit über ein Verbot der Partei „Die Republikaner“ nach. Und deren Frontmann, Schönhuber, soll, ginge es nach dem Willen von Michael Fürst, dem Vorsitzenden des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinde in Niedersachsen, doch noch strafrechtlich belangt werden. In einem Interview mit der Hannoverschen Zeitung kündigte Fürst an, der Zentralrat der Juden werde im Laufe der Woche Strafanzeige gegen Schönhuber stellen, wegen dessen Äußerung, Ignatz Bubis sei einer der schlimmsten Volksverhetzer Deutschlands. Dabei bezog Schönhuber sich auf Bubis' Aussage, rechtsextreme Parteien stünden als „geistige Brandstifter“ hinter dem Anschlag auf die Synagoge in Lübeck. Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Bubis, blieb dagegen bei seiner Entscheidung, Schönhuber nicht zu verklagen.
Dabei könnte die Schönhubersche Attacke durchaus als Volksverhetzung angesehen werden. Der „Republikaner“-Chef versucht immer wieder, durch Nahelegungen, Anspielungen und andere Formen nichtwörtlichen Sprechens rassistische und antisemitische Botschaften an seine Anhänger und darüber hinaus an die ganze Bevölkerung zu richten, die als Klartext entschlüsselt und auch als Handlungsanweisungen genau verstanden werden. Insofern könnte man durchaus sagen, daß Schönhubers Trick, den Spieß gegen Bubis herumzudrehen und ihn als Volksverhetzer zu brandmarken, durchaus den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt. Es dürfte klar sein, daß Schönhuber beabsichtigt, alle diejenigen zu diffamieren, für die Bubis der oberste Repräsentant ist: die Juden.
Das Problem dabei ist nur, daß es schwerfallen dürfte, Schönhuber direkte antisemitische Äußerungen nachzuweisen und einen direkten Zusammenhang zwischen rassistischen und antisemitischen Äußerungen rechtsextremer Parteien und den Brandanschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte und Synagogen zu beweisen. Solche Beweise aber wollen die Richter sehen, die sich an die bestehenden Paragraphen halten müssen.
Es ist zwar kaum zu bestreiten, daß Schönhuber und relevante Teile seiner Partei antisemitisch und rassistisch denken (und handeln); doch dies macht die Gefährlichkeit dieser Leute nicht allein und nicht einmal in erster Linie aus. Diese besteht in ihren völkischen und demokratiefeindlichen Zielen generell – die allerdings von Teilen der Bevölkerung und manchem Politiker sich seriös und demokratisch gebender Parteien geteilt werden.
Zudem ist darüber nachzudenken, warum gerade jetzt eine solche Kampagne gegen die „Republikaner“ geführt wird, wo es doch bereits seit Jahren Gründe genug gegeben hätte, sie genauer zu beobachten und intensiver zu bekämpfen. Hier dürften auch Wahlkampferwägungen eine Rolle spielen. Braucht man den rechtsextremen Buhmann, um sich selbst als untadelige Demokraten darzustellen (etwa Stoiber) oder um eigene Handlungsbereitschaft und -stärke gegenüber rechtsextremer Gewalt vorzutäuschen? Siegfried Jäger,
Professor am Duisburger Institut
für Sprach- und Sozialforschung
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen