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„Matchball“ ins Aus

■ „Howie“ hat sein TV-Comeback in den Sand gesetzt

Berlin (taz) – Tennis ist in Europa TV-Sport Nummer eins. 1984 wurden in Deutschland 13 Stunden übertragen, 1993 waren es 2.741. Seit Montag abend kommt wöchentlich eine hinzu: RTL hat die Rechte und ärgert uns fortan mit „Matchball“. Auf dem „Centercourt der Gefühle“ führt Ralf Gregan Regie, und Howard Carpendale sagt Hello again, indem er, Multitalent, das er nun einmal zu sein vorgibt, vom schlagerträllernden Sonnyboy (Das schöne Mädchen von Seite 1) zum aufschlagenden Casanova, der nach 35 Minuten mit der attraktiven Sportjournalistin im Hotelbett landet, mutiert.

Was wir sehen? Leider nicht viel. Eine abgedroschene Geschichte über einen abgehalfterten Tennisprofi, der im Gin an der Hotelbar die tiefe Weisheit für Männer in der midlife-crisis findet: „Ab morgen heißt es nur noch Zukunft“ (Anm.: Nummer eins werden). Außerdem sehen wir „Howie“ (Carpendale über Carpendale) in Zürich, wo er sich im schlechten Jimbo-(Connors)-Remake ganz unflätig („machen sie das hauptberuflich?“), o wie böse, mit dem Schiedsrichter anlegt. Wir sehen Johnny Storm beim Training.

Sein Trainer, wie kann es anders sein in einem Film, der vor lauter Klischees vergißt, kreativ zu sein, ist Slawe und schlägt wie folgt Rat: „Auge muß gucken auf Ball, nicht auf schöne Meedchen“.

O Johnny (37) alias „Howie“ (48), Mein Weg zu Dir (1980 erste eigene TV-Show) endet hier. Warum hast Du den Sport nicht 1984 in Ruhe gelassen, nachdem Du Deinen Sportzenit mit der Moderation eines Golf-Matches im ZDF-Sportstudio („mein Traumwunsch“) ohnehin weit überschritten hattest? Für das Comeback in Deinem zweiten Film (nach „Niemand weint für immer“) hast Du Hobbygolfer, heißt es, an Deinem Service gefeilt. Warum nur? Wir sehen genug Tennis (s.o.), richtiges Tennis. Kein Grund, den Leib, nun auch noch tele-un-gen mit ein paar Schweißtröpfchen zu umgeben. Ich weiß, man kann so schlecht aufhören, weil „das Publikum ihn immer noch liebt, auch wenn er verliert“ (Manager „Archi“). Aber wir quälen uns mit Dir, Du feister Held mit der Bodenhaftung einer Weinbergschnecke und der Wendigkeit einer Schildkröte, durch die verkitschte Tennis-Welt. Obladi, Oblada. Für die Rolle hat „Howie“, so verheißt das TV-Programmheft, Schauspielunterricht genommen. Schade, Johnny, den Wind fängst Du niemals ein. Deine Spuren im Sand, o Johnny, armer Johnny, lassen erahnen, dieser Matchball geht ins Aus. Cornelia Heim

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