: 17 kontra, Frau Nachbarin!
■ Hilfe, die Deutschen Skatmeisterschaften kommen jjetzt auch noch nach Bremen
„In den Schulen, da spielen die Jugendlichen ja alle ständig Skat, oder auch als Lehrlinge noch, und dann kommt die Zeit, da interessieren sie sich für's andere Geschlecht, und dann gehen sie zur Bundeswehr und heiraten – na ja, und Skat spielen sie dann später wieder, wenn nicht ihre körperliche, sondern ihre geistige Hochleistungsphase beginnt.“
So ist halt das Leben, jedenfalls aus Sicht des obersten Skatbruders der norddeutschen Tiefebene, Heinz Jahnke. Und da das Leben eines Skatbruders eben so ist wie es ist, werden auch die Deutschen Mannschaftsmeisterschaften so ausgetragen, wie sie ausgetragen werden: „Grußworte – Einmarsch der Fahnen – Wettkampfeid – Abspielen der Nationalhymne – Grünes Licht des Verbandsspielleiters zur Titelerringung 1994“. Und das alles an diesem Wochenende in der Strandlust in Vegesack, unter der schirmenden Hand des Bürgermeisters höchstselbst.
Können 20 Millionen deutsche SkatspielerInnen irren? Sie können! Ich sage nur: Die Gewinner der Deutschen Mannschaftsmeisterschaften von 1972 heißen „Damendrücker Hagen“! Daß es sich um einen „geistigen Sport“ handele, die Anforderungen an die Spieler denen des Schachs in nichts nachstünden – Anerkennung solcherart versucht nun der Deutsche Skatverband unter Zuhilfenahme der Skatbegeisterung von Johannes Rau oder Annemarie Renger der Öffentlichkeit abzuringen. Und beklagt sich über verständnislose Eltern, die ihren Sprößlingen die wunderbare Karriere eines Skaters verweigern: „Die verbinden Skat nur mit Kneipe und Saufen“, seufzt der Bundesspielleiter Peter Reuter. Ich sage nur: Weiter so, Eltern!
Denn mit einem harmlosen Spielchen im Hinterzimmer fängt es an und endet auf Skatturnieren in Grasberg womöglich so: „Weitere 220 Gewinner suchten sich ihren Preis unter Bohrmaschinen, Toastern, Kaffeemaschinen, Metalleitern, einem Riesenangebot von Räucherschinken und Mettwürsten, Bügeleisen oder anderen schönen Sachen heraus“. ,Der Skatfreund', die Monatsschrift des deutschen Skatverbandes, war dabei.
Wird das Ramschen legalisiert? Der diesjährige 26. Deutsche Skatkongreß in Schneverdingen wird die Klärung dieser brennenden Frage bringen. Womöglich tun sich auf den Meisterschaften am Wochenende noch ganz andere (Regel)Abgründe auf, mit denen sich das Skatgericht, Sitz in der Skatwiege Altenburg/Thüringen, beschäftigen kann. Immerhin werden 688 gewiefte SpielerInnen – „528 Männer, 96 Damen und (quasi als drittes Geschlecht) 64 Junioren“ – aufeinandertreffen und tun, was man beim Skat so tut, nämlich das Allerschlimmste beim Kartenspielen: das Ganze ernst nehmen und unbedingt gewinnen wollen. Ich sage: Das zerrüttet Freundschaften und bringt Persönlichkeitsmuster in unwiederbringlicher Weise in Unordnung.
„Die Hanseaten Bremen“ liegen dabei übrigens wie die gleichnamige Bevölkerungsbezeichnung an der Spitze: Während letztere das Gros der Mitglieder im Deutschen Skatverband bilden – die BremerInnen stellen mit über 2.000 Mitgliedern den größten Einzelverband – sind erstere Titelverteidiger.
Das aus gesellschaftspolitischer Sicht eigentlich Wichtige am Skat, das sei nicht verschwiegen, ist laut Skatverband übrigens, „daß ich mit meinem Nachbarn Kommunikation betreibe“. Siebzehn, kontra, Frau Nachbarin! Achgottja, wir haben uns prächtig verstanden... Ist es das, was die Deutschen wollen? Doch wo es jetzt gar „Nichtraucher-Skatclubs“ gibt, schwant mir eine Lösung: Ist jemand an der Gründung eines Nichtspieler-Skatclubs interessiert? skai
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