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Spiel in zwölf Sätzen

■ Premiere von „Tie Break für Crazy Horse“ in der Basilika

Ein fliegender Ballwechsel war es nicht, es wurde in zwölf Sätzen einsam gegen die hohe Mauer der Seele gespielt am Donnerstag in der Premiere von Tie Break für Crazy Horse im Theater in der Basilika. Tom alias Crazy Horse entdeckt seine Ähnlichkeit mit dem Tennis-Star Elvis und seitdem bleibt ihm nicht mehr viel Raum. Er hat das Publikum in seine kleine, karge Mansarde gelassen, die geprägt ist von den Postern und Pokalen seines zweiten Ichs.

In den zwölf Bildern läßt Gunnar Dreßler als Doppelgänger Tom teilhaben an den bedrückenden Untiefen eines Seelenlosen, der an der Identität eines anderen schnorrt. Die zufällig entdeckte Gemeinsamkeit mit dem Tennis-Idol entreißt den bürgerlichen Waffenverkäufer Tom aus seiner liebenswerten Verlorenheit. Er, der nichts war, nichts hatte und nichts wollte außer seiner Sehnsucht nach Moon, die einzige, die er liebte, widerstand dem günstigen Tausch nicht.

Jetzt beherrscht er die Gesten von Elvis, kleidet sich in dessen Garderobe und bummst die Groupies, die einen Star im Bett zu haben glauben. In langen unbeantworteten Briefen versucht er seinem Original näherzukommen. Er rät ihm, droht ihm, sucht verzweifelt die Abhängigkeiten zu verkehren. Am Ende richtet er schließlich doch die Winchester, das einzige Andenken an sein früheres Leben, gegen sich selber. Gelingen will auch das nicht.

Gunnar Dreßler zeigt in seinem Spiel und seiner Inszenierung des Monologs von Claude Cueni ein starkes und sprödes Stück Jugendtheater und entwirft einen Bilderbogen über die Identitätssuche eines jungen Menschen. Eingekesselt in die vorgebenen Träume und Gesten der heutigen Medienmacht, die nicht nur die Muster für Glück und Fun, sondern auch für Einsamkeit und Kummer liefert, verliert sich das Vertrauen in die eigene, eigenwillig bestellte Seele und dann mag die Rechnung schon gar nicht mehr aufgehen. Weltentausch kann heute wie gestern nur stattfinden, wenn beide auf dem Markt etwas zu bieten haben.

Elsa Rosenberger

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