piwik no script img

SPD und Seebacher-Brandt „im Grundsatz“ einig

■ Zwei Stiftungen für Willy Brandt / Brandt-Akten bleiben im SPD-Archiv

Berlin (taz) – Zwischen dem SPD-eigenen Archiv der sozialen Demokratie in Bonn und Frau Seebacher-Brandt scheint jetzt eine Einigung über den schriftlichen Nachlaß Willy Brandts möglich. Die Brandt-Witwe hatte den Verdacht geäußert, die SPD-Führung könnte politischen Einfluß auf die Auswertung der Akten nehmen, die sich im Besitz des „Archivs“ befinden. Sie hatte deshalb deren teilweise Herausgabe verlangt und zudem die Publikation von Auszügen aus Brandts Tagebuch, das sich in ihrem Besitz befindet, angeregt. Dies geschah in der Absicht, Brandts Verdacht hinsichtlich eines Zusammenwirkens Herbert Wehners mit der Stasi bei seinem Rücktritt 1974 dokumentarisch zu erhärten.

Nach Informationen des „Archivs“ besteht die Absicht, zwei Stiftungen zu errichten. Die eine soll im Rahmen des „Archivs“ die 400 laufenden Meter Brandt-Parteiakten umfassen. Frau Seebacher-Brandt und Brandts Sohn Peter, Historiker an der Universität Hagen, sollen an der Leitung dieser „internen“ Stiftung beteiligt werden. Eine zweite Stiftung mit wahrscheinlichem Sitz im Schöneberger Rathaus soll Brandts Biographie dokumentieren, mit der gegenwärtig gezeigten Ausstellung als Kernstück. Ferner sollen an der Gedenkstätte Kolloquien und Seminare stattfinden. Ob die gegenwärtig im Besitz Frau Seebacher- Brandts befindlichen Dokumente an das Bonner Archiv gelangen oder an die Berliner Stiftung, ist noch unklar. Auf alle Fälle werden Frau Seebacher-Brandt und Peter Brandt auch an dieser zweiten Stiftung, eventuell als Mitglieder des Kuratoriums, mitwirken.

Das Archiv der sozialen Demokratie betont, daß Brandt in seinen letzten Lebensjahren selbst tätigen Anteil am Aufbau des jetzigen „Brandt-Bestandes“ genommen hat. Die schriftlichen Nachlässe sozialdemokratischer Parteiführer sind für die Zeit nach 1945 ausnahmslos im Archiv versammelt.

Für Parteiakten gilt im „Archiv“ eine generelle Sperrfrist von 20 Jahren, (normalerweise 30 Jahre), sofern vom „Nachlaßgeber“ nichts anderes bestimmt ist. Die Archivleitung hat sich bereit erklärt, die die Deutschland-Politik betreffenden Parteiakten bis zum Jahr 1989 zu öffnen, wenn die anderen Parteien und ihre Archive das gleiche tun.

Der SPD-Parteivorsitzende Rudolf Scharping begrüßte die „grundsätzliche“ Einigung zwischen der SPD und Frau Seebacher-Brandt, wollte aber keine näheren Details bekanntgeben, „um den noch ausstehenden Verhandlungen nicht vorzugreifen“. C.S.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen