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Senat auf Spar-Safari

■ 3000 Staatsjobs werden vernichtet

Erleichtertes Aufatmen gestern mittag bei Sparsenator Ortwin Runde: Nach wochenlangem zähen Feilschen hinter den Kulissen verabschiedete der Senat weitere Eckpfeiler seines Sparkonzeptes für die laufende Legislaturperiode. „Ein sehr schwieriger Prozeß“, so der erleichterte Kommentar des Stadtkämmerers.

Personalkosten, Sachausgaben und Sonderbereiche (HVV, Staatstheater, Zuwanderung) müssen bis 1997 jeweils 200 Millionen Mark abspecken. Ebenfalls 200 Millionen Mark sollen durch Mehreinnahmen in die Stadtkasse fließen. So müssen allein in den kommenden drei Jahren über 3000 Stellen im öffentlichen Dienst vernichtet werden. Erstmals sind auch Polizei und Feuerwehr betroffen. Allein Steuerverwaltung und Lehrer blieben ausgespart: Die wachsenden Schülerberge werden mit unveränderter Stellenzahl angegangen.

Heftiges Tauziehen zwischen den Behörden hatte es auch bei der Festlegung der Sparquoten für die Sachausgaben gegeben. Mit der feinsinnigen Unterscheidung zwischen „disponiblen“ (hier kann gespart werden) und „indisponiblen“ Bereichen (z.B. gesetzlich vorgeschriebene Leistungen wie Sozialhilfe und Wohngeld) kämpften die Behörden um Schutzzonen vor der Sparquote. Eindeutige Verlierer des Doppelschlags von Stellenstreichung und Sachmittelkürzung sind das Senatsamt für die Gleichstellung der Frau sowie die Behörden für Stadtentwicklung, Umwelt, Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur (siehe S. 23) und Inneres.

Um die schwere Arbeit, auch bei den Themen „Mehreinnahmen“ (Grundsteuer, Gewerbesteuer, Konzessionsabgaben?!) und „Sonderbereiche“ (Schließung städtischer Theater, Leistungsabbau beim HVV?!) klare Vorgaben zu machen, drückte sich der Senat allerdings. Diese schmutzige Arbeit bleibt der Sparkommission von SPD und Statt Pertei vorbehalten.

1995, so zeigte sich bereits gestern, wird das erste richtig harte Sparjahr. Für weiteren Streß dürfte die reale Entwicklung der Stadtfinanzen sorgen: Das Einsparen von 800 Millionen Mark bis zum Jahr 1997 wird nämlich keineswegs ausreichen. Ein Loch von mehreren Milliarden Mark, so schätzen Experten, wird die aktuelle Rezession in der Stadtkasse hinterlassen. Dies aber, so Rundes Sparcombo, müsse dann durch „Sondermaßnahmen“ gestopft werden. Florian Marten

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