: Kammer verkracht
■ Abteilungsleiter der Angestelltenkammer strafversetzt / MitarbeiterInnen protestieren, Personalrat klagt dagegen
In der Angestelltenkammer ist jetzt ein Machtkampf offen ausgebrochen, der unterschwellig bereits seit Monaten die Arbeit lähmt. Am vergangenen Dienstag hat Kammer-Geschäftsführer Eberhard Fehrmann seinen Abteilungsleiter für Beratung, Entwicklung und Forschung, Gerald Graubner, mit sofortiger Wirkung nach Bremerhaven abgeschoben. Bereits am Tag danach haben sich alle 12 MitarbeiterInnen dieser Abteilung hinter Graubner gestellt und gegen die Versetzung protestiert. Und der Kammer-Personalrat hat am Montag das Verwaltungsgericht angerufen, um den sofortigen Vollzug der Versetzung per einstweiliger Verfügung aufheben zu lassen.
Hintergrund der Auseinandersetzung ist der Streit um die Struktur der Weiterbildung in der Angestelltenkammer. Graubner war bis zu seinem Rücktritt Ende Februar Geschäftsführer der Kammer-Tochter „Berufsbildungsinstitut“ (bbi). Kammerintern wurde ihm seit der Pleite der bbi-Tochter „bbi-transfer“ im Sommer vergangenen Jahres Mißwirtschaft vorgeworfen. Kammer-Geschäftsführer Fehrmann in einem internen Protokoll vom 10. Februar: „Das bbi läßt sich nicht mehr kontrollieren. Auch Kollege Dr. Graubner hat keinen Überblick über die Interna.“ Zwischen dem Kammer-Geschäftsführer Fehrmann und seinem Abteilungsleiter Graubner war es zu diesem Zeitpunkt bereits zu völliger Funkstille gekommen.
Seit Mitte März schließlich läßt Fehrmann die Zustände innerhalb des „bbi“ von der Notarssozietät Gätjen, Horn und Partner überprüfen. Dabei soll es insbesondere um die Frage gehen, ob sich die beiden bbi-Geschäftsführer bei den zahlreichen Auslandsgeschäften des Bremer Bildungsinstituts womöglich illegal oder rechtlich bedenklich verhalten haben. Ein erster Bericht liegt inzwischen vor und war offensichtlich Anlaß für die plötzliche Versetzung von Gerald Graubner. Er soll zwar formal weiterhin Abteilungsleiter bleiben, de fakto seinen Arbeitsplatz aber nach Bremerhaven verlegen.
„Eine solche Versetzung auf eine Stelle, die es im übrigen gar nicht gibt, hat reinen Sanktionscharakter“, urteilt denn auch der Kammer-Personalratsvorsitzende Bernd Sandmann. Fehrmanns Begründung, ohne diese sofortige Versetzung sei der „Betriebsfrieden gestört“, hält Sandmann zudem für „vorgeschoben“ und hat deswegen im Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht Klage dagegen erhoben.
Graubner und Fehrmann selber wollten sich gestern zu dem „schwebenden Verfahren“ nicht äußern. Als Reaktion auf seine Strafversetzung nach Bremerhaven hat Graubner vergangene Woche Urlaub genommen.
Dirk Asendorpf
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