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Kein Einsatz – große Wirkung – dubioser Erfolg

■ Die Redaktion der taz hat sich ihren Chefredakteur entlassen lassen

Entscheidungen von einiger Tragweite trifft man sinnvollerweise mit kühlem Kopf. Daß es sich bei der Entlassung von Micha Sontheimer und dem daraufhin erfolgten Rückzug von Elke Schmitter und Jürgen Gottschlich um eine solche, für die taz gravierende Entscheidung handelt, ist unbestritten. Um so irritierender ist, daß die Redaktion diese Entscheidung weder herbeigeführt noch getroffen hat. Schon aus diesem Grund braucht man nach ihrem kühlen Kopf erst gar nicht zu fragen.

Um Legendenbildungen vorzubeugen: weder ist Micha Sontheimer an einem Links-rechts-Konflikt mit der Redaktion gescheitert, noch hat die Redaktion ihren Konflikt mit der Chefredaktion in einer offenen und konsequenten Weise ausgetragen beziehungsweise zu Ende gebracht. Die Entscheidung wurde der Redaktion durch das formal zuständige Gremium abgenommen. Daß die Redaktion auf ihrer Versammlung am Montag diesen Schritt des Vorstandes mit großer Mehrheit gebilligt hat, kann ihre Uneindeutigkeit und Schwäche in diesem Konflikt nicht kompensieren. Tatsache ist: Kein Redaktionsmitglied hat während der Tätigkeit von Micha Sontheimer offen, das heißt auch ihm gegenüber, für seine Entlassung plädiert – fast alle haben ihr im nachhinein zugestimmt. Die Abstimmung war risikolos, und es macht die Sache nicht besser, daß die seit längerem grassierende Kritik an der Arbeit der Chefredaktion jetzt angeführt wird, um die an anderer Stelle getroffene Entscheidung nachträglich zu sanktionieren. Auch damit läßt sich das diffuse Unbehagen der vergangenen Monate nicht in redaktionelle Konsequenz umdichten.

Das Erleichterungsgefühl, das sich seit Micha Sontheimers Entlassung in der Redaktion bemerkbar macht und das auch durch Elkes und Jürgens Abgang nicht sonderlich getrübt zu sein scheint, rührt wohl weniger vom Zustand der Cheflosigkeit als von der locker-spektakulären Art, in der dieser Zustand über die Redaktion hereingebrochen ist. Kein Einsatz – große Wirkung. Wie auch immer, in der von außen herbeigeführten „Befreiung“ steckt ein gehöriges Maß an Autoritätsfixiertheit. Mit der wird auch jede künftige Chefredaktion zu rechnen haben, ebenso wie mit der daraus resultierenden Neigung der Redaktion, eigene Unzulänglichkeiten „nach oben“ zu projizieren.

Keine Frage, es gab politische und journalistische Differenzen zwischen Micha Sontheimer und der Redaktion. Um so bedauerlicher, daß diese nicht in einer Weise ausgetragen wurden, die am Ende eine faire und differenzierte Würdigung seiner Arbeit zugelassen hätte. Matthias Geis

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