: „Bücher für Bosnien“ werden gesammelt
■ Sarajevo bräuchte auch das Engagement von Goethe-Institut und Botschaft
Seit der letzten Buchmesse gibt es die Initiative der Frankfurter „Romanfabrik“, eines privaten, von der Stadt und dem Land Hessen geförderten Vereins von Autoren und Lesern. Sie hat bereits etwa 8.000 Bücher, zumeist bibliographische Standardwerke und deutschsprachige Klassiker- und Gesamtausgaben, gesammelt. Der Börsenverein des deutschen Buchhandels, der Verlegerverband und die Bibliothekare unterstützen das Vorhaben „Bücher für Bosnien“ mit Know-how, Preisnachlässen und Bücherspenden. Sinnvolle Hilfe kann natürlich nicht so vonstatten gehen, daß nun deutsche Bibliophile wahllos ihre Bücherschränke plündern. Vielmehr geht es um die systematische Beschaffung sogenannter Referenzliteratur, wie sie jeder Universitätsbetrieb in Gestalt von Lexika, Enzyklopädien, Wörterbüchern, „Books-in-print“-Katalogen, Karten und Atlanten, statistischen Jahrbüchern, Standardliteratur und Abstracts von Dissertationen aus allen Fachgebieten benötigt. Auch Musikalien, Kunstmonographien und Kataloge sind gefragt.
Besonders dringend ist die Wiederbeschaffung der „Bosniaca“, der in Serbokroatisch verfaßten oder die Geschichte und Literatur Bosnien-Herzegowinas betreffenden Werke, darüber hinaus der Literatur des südöstlichen Mittelmeerraums und der südslawischen Völker, alles auch in Form von Mikrofilmen und Kopien. Da Sarajevos Ausnahme- und Belagerungszustand anhält, kommen Bücher nur in kleinsten Mengen in die Stadt; einstweilen hat die Universitätsbibliothek im slowenischen Maribor die Lagerung und Erfassung der gesammelten Bücher übernommen. Das dortige IZUM (Adresse: Presernova 17, 62000 Maribor, Slowenien) erledigt die organisatorischen Aufgaben, Spenden können auf Konten der SKB Bank Ljubljana eingezahlt werden. In Deutschland wird das Projekt „Bücher für Bosnien“ von Michael Hohmann in der Frankfurter „Romanfabrik“ (Uhlandstraße 21) koordiniert.
Das Projekt des Wiederaufbaus der Bibliothek von Sarajevo blieb in der Bundesrepublik bisher ohne großes Echo. Die Intellektuellen zeigen geringes Interesse an Sarajevo, übrigens im Unterschied zu ihren westeuropäischen Kollegen auch wenig Präsenz in der belagerten Stadt. Die auswärtige Kulturpolitik hält sich vornehm zurück, obwohl das Bibliotheksprojekt und andere kulturelle Hilfe ein ideales Betätigungsfeld für das Goethe-Institut wären, das bisher nur sporadisch von Zagreb aus tätig wird. Auch die „Stiftung Lesen“ und andere bibliophile Institutionen müßten sich kümmern, träfen sie doch in Bosniens Hauptstadt auf ein außerordentlich lesefreudiges und kulturhungriges Publikum, das gerade von Deutschland besonders viel erwartet. Sarajevo ist nicht nur Teil der DM-Zone, Deutsch rückt auch als Fremdsprache auf Platz zwei. Es wäre dringend an der Zeit, daß der deutsche Botschafter seine Arbeit aufnähme und sich kulturell engagierte, nachdem die Bundesrepublik Bosnien-Herzegowina bereits vor zwei Jahren anerkannt hat.
Spenden für die Stiftung IZUM: Deutsche Bank Frankfurt (Swift Code Deutdeff) Kto. 9362930
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