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Sie reden wieder miteinander

■ Slowakei und Ungarn verhandeln über Grundlagenvertrag

Budapest (taz) – Mit dem Verweis auf das mangelnde Wohlergehen der ungarischen Minderheiten in Rumänien und Serbien, der Slowakei und der Ukraine lassen sich im derzeitigen ungarischen Wahlkampf nur wenige Stimmen gewinnen. Viele Ungarn sehen ihre in den Nachbarländern lebenden dreieinhalb Millionen Landsleute mit zunehmenden Vorurteilen an, vor allem die zwei Millionen Ungarn in Siebenbürgen. Oft ist zu hören, die Regierung in Budapest kümmere sich zu viel um sie anstatt um eigene Probleme. Außerdem würden jene, die als Arbeitsimmigranten nach Ungarn kämen, Arbeitsplätze wegnehmen.

Dabei ist die ungarische Außenpolitik gegenüber den Nachbarländern durchaus zum erfolgreichen Wahlkampfthema geworden. Schon Ende letzten Jahres hat die „Ungarische Sozialistische Partei“ (MSZP) in einem bemerkenswerten Programm die historische Aussöhnung mit den Nachbarländern als vorrangig bezeichnet und Ungarns Verantwortung für seine Minderheiten praktisch diesem Ziel nachgestellt. Ungarn, das nach dem Frieden von Trianon (1920) zwei Drittel seines Territoriums verloren hatte, müsse seine historische Verletztheit ablegen und eine konstruktive Außenpolitik gegenüber den Nachbarn betreiben, so der MSZP-Standpunkt.

Der Druck, unter den die gegenwärtige Regierungspartei „Ungarisches Demokratisches Forum“ (MDF) durch die sozialistische Politik gekommen ist, mag den Ministerpräsidenten Péter Boross dazu bewogen haben, sich nach langen Kontroversen am Sonntag abend doch noch mit seinem slowakischen Amtskollegen Jozef Morávčik in der Donaugrenzstadt Komarom/Komárno zu treffen. Dabei schlossen die beiden Regierungschefs zwar keine Vereinbarungen. Alle Probleme, so Boross und Morávčik, die sich in der Amtszeit des gestürzten nationalistischen slowakischen Ministerpräsidenten Vladímir Mečiar angehäuft hätten, könnten nicht auf einem kurzen Treffen gelöst werden. Sie zeigten sich aber zufrieden darüber, daß ein Anfang gemacht worden sei, um „der Welt endlich gutnachbarschaftliche Beziehungen zu präsentieren“.

Wie Rumänien, so fordert auch die Slowakei von Ungarn, daß es die 1920 festgelegten Grenzen als unverletzbar anerkennen soll. Zu einer solchen Erklärung hat Ungarn sich bislang nicht durchringen können. Erst müsse die Lage der ungarischen Minderheiten verbessert werden, argumentiert die ungarische Regierung. Außerdem habe Ungarn mit der Unterzeichnung der KSZE-Schlußakte die Unverletzlichkeit der Grenzen anerkannt. Nun vereinbarten Boross und Morávčik, daß ein bilateraler Ausschuß die strittigen Fragen klären soll, um einen Grundlagenvertrag abschließen zu können.

Ob die kooperative Politik der gegenwärtigen slowakischen Regierung und das Einlenken von ungarischer Seite positive Ergebnisse haben wird, bleibt jedoch abzuwarten. In der Slowakei wird im September ein neues Parlament gewählt. Nach derzeitigen Umfragen hat Ex-Regierungschef Mečiar die besten Aussichten, aus den Wahlen als Sieger hervorzugehen. Und da auch von Mitgliedern der jetzigen Regierung die Ansicht vertreten wird, daß eine zu weit gehende Berücksichtigung der ungarischen Forderungen die eigenen Wahlchancen mindert, könnte die gegenwärtige Annäherung der beiden Länder nur eine Episode bleiben. Keno Verseck

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