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Großer Krach um BSAG-Vorstand Witt

■ BSAG-Chef will Bahn „schlanker“ organisieren / Aufsichtsrat soll BSAG-Chef feuern

Bei der Bremer Straßenbahn gibt es Zoff auf der Chefetage. Ein paar Bemerkungen, die für den Zeitungsleser vielleicht nicht weiter bemerkenswert erschienen, haben innerbetrieblich eingeschlagen: Der Weser-Kurier zitierte am vergangenen Samstag den BSAG-Vorstandschef Karl-Heinz Witt mit der Bemerkung, alles müsse „wettbewerbsfähig und schlanker“ werden, und die BSAG müsse „mit weniger Fahrzeugen und weniger Personal“ ihre Leistungen anbieten. Dabei sei, wenn es 1986 nach der neuen EG-Gesetzgebung zu einem echten Verkehrsverbund in der Region (VBN) komme, auch denkbar, daß die BSAG auch Busse von Partnern aus der Region ordere - und damit die Kosten der BSAG senken. Personal könne über die Fluktuation reduziert werden.

Daß den Betriebsrat solche Äußerungen ärgern, versteht sich. Reagiert hat einer der Betriebsräte, der inzwischen im Aufsichtsrat sitzt und also den BSAG-Chef Witt mit eingestellt hat: Mathias Henkel.

Schon bei der Einstellung von Witt, so plaudert Henkel aus dem Nähkästchen, habe es „erhebliche Auseinandersetzungen“ zwischen Arbeitnehmer-Vertretern und Arbeitgeber-Vertretern im Aufsichtsrat gegeben. Witt war vorher Geschäftsführer der privaten Weser-Ems-Bus und versprach bzw. drohte, je nach Standpunkt, mehr privatwirtschaftliches Denken in die BSAG einzubringen. Das schmeckte den Arbeitnehmer-Vertretern offenbar von Anfang an nicht.

Mit den Bemerkungen gegenüber dem Weser-Kurier ist für den Aufsichtsrat Henkel nun das Maß voll. Er verlangt von der Aufsichtsratsvorsitzenden Eva-Maria Lemke-Schulte die sofortige Einberufung des Aufsichtsrates, um Witts Äußerungen zu debattieren. Wenn Witt die von ihm zitierten Positionen nicht zurücknimmt - was der nicht tat - dann, so Henkel, „werde ich die sofortige Ablösung von Herrn Witt beantragen.“

Die Begründung des gelernten Busfahrers und Aufsichtsrats-Vertreters Erstens hätte der Chef zuerst das Gespräch mit den Betroffenen im Betrieb suchen müssen ( „Vertrauenskultur“). Zweitens erzähle Witt Dinge, die „nachweislich falsch“ sind: Wenn die BSAG in ihren Spitzenzeiten Busse bei kleineren privaten Unternehmen mieten will, sei das teurer als eigene Busse zu unterhalten, sagt Henkel. Denn die anderen brauchten gerade in den Spitzenzeiten ihre Busse selbst, als Großabnehmer habe die BSAG aber günstigere Einkaufspreise.

Drittens und vor allem wirft Henkel dem BSAG-Chef vor, das Spiel der privaten Partner in der VBN zu spielen. „Anscheinend fühlt sich Herr Witt diesen VBN-Gesellschaften mehr verbunden als dem eigenen Unternehmen“, schreibt der BSAG-Aufsichtsrat, und dort gebe es „erhebliche Begehrlichkeiten auf Linien der Bremer Straßenbahn AG“. Nach dem „unerhörten Vorstoß in der Öffentlichkeit“ sei es Zeit, schreibt Henkel, den BSAG-Chef Witt „von einer Aufgabe zu befreien, die ihn offenbar überfordert“.

Das gab er Witt auch persönlich. „Sie betreiben das Geschäft der VBN-Unternehmen“, schrieb er an das BSAG-Vorstandsmitglied, „das hat die Belegschaft dieses Unternehmens nicht verdient“.

Der BSAG-Vorstand hat sich gestern mit dem Thema beschäfigt und eine Erklärung herausgegeben, die bestätigt, daß die Witt-Äußerungen „bei vielen Mitarbeitern und MitarbeiterInnen der BSAG für Unruhe gesorgt“ hätten. Auf anderthalb Seiten erklärt der Vorstand dann allgemein seine Geschäftspolitik, widerspricht keiner der Witt-Äußerungen und stellt sybillinisch fest. „Herr Witt bedauert vor dem Hintergrund der durch den Artikel im Hause der BSAG entstandenen Diskussionen, wenn es bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu Ängsten und Verunsicherungen gekommen ist.“ K.W.

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