: „Sanktionen gegen Diktatoren“
■ Impulse aus Südafrika für Afrikas Demokratisierung? Afrikanische Exilstudenten tagten in Hamburg
Hamburg (taz) – Es gibt viele Optionen für afrikanische Regierungen im Umgang mit aufsässigen Studenten. Man kann Protestierende schlagen, vergewaltigen und verhaften lassen. Man kann sie mit politischem und finanziellem Druck einschüchtern. Man kann Wohnheime mit Spitzeln füllen.
Als in Kameruns Hauptstadt Jaunde im Mai 1991 36.000 der 40.000 Studenten gegen die Diktatur demonstrierten, schlug das Militär hart zu und verfolgt seitdem systematisch die Rädelsführer. In Guineas Hauptstadt Conakry schaute die Universitätsleitung im März 1992 untätig zu, als der Generalsekretär der Studentengewerkschaft, Mamadou Diandary, von staatstreuen Milizionären blutig geschlagen und fast verbrannt wurde, was Soldaten gerade noch verhinderten, die ihn abholten und ins Gefängnis steckten. Zwei Beispiele, die am vergangenen Wochenende in Hamburg bei einem Kongreß afrikanischer Studenten unter dem Motto „Tag des Studentenmärtyrers“ zur Sprache kamen.
Es geht auch subtiler: Man kann Studentenführer in die Armee einziehen und ihnen dann unter Verweis auf die politische Neutralität des Militärs jeden Kontakt mit einstigen Gefährten verbieten – solches wurde aus Burkina Faso berichtet. Unter dem größten Einfallsreichtum leiden die Studenten der Elfenbeinküste, wie es ein aus Abidjan angereister Aktivist schilderte: Regierungskritiker an den Universitäten geraten mit den hohen Studiengebühren in Verzug, weil ihre Väter aus dem Staatsdienst entlassen werden. Oder sie werden in den Untergrund gejagt mit einem fadenscheinigen Haftbefehl, der kurz vor der Abschlußprüfung wieder aufgehoben wird, so daß sie dann durchfallen. Oder sie fallen doch nicht durch, stattdessen gehen ihre Prüfungsbögen „verloren“, sie müssen wiederholen und fliegen schließlich nach drei Versuchen endgültig hinaus mit einer Bescheinigung, die ihnen die Aufnahme in eine andere Universität verwehrt ...
„Das Leben in Afrika wird für junge Leute immer unmöglicher“, sagt Mongo Beti, Schriftsteller aus Kamerun, der hier mit Exilstudenten aus seinem Heimatland diskutiert. Erstaunlich viele Exilanten aus Afrika leben inzwischen in Deutschland, unter ihnen Senfo Tonkam, ehemaliger Vorsitzender des Kameruner Studentenparlaments. Er hat diesen Kongreß organisiert und stellt eine einfache Forderung: Sanktionen gegen afrikanische Diktatoren, so wie einst gegen Südafrika. „Das ist alles, was wir von euch verlangen“, erklärt er an die Adresse der Deutschen. „Den Rest erledigen wir selber.“
Daß Deutschland sehr wohl mehr Hilfe leisten könnte als bisher, wird aus Erfahrungsberichten über deutsche Diplomaten deutlich: In Kamerun erklärte ein Diplomat den deutschen Austauschstudenten in Jaunde nach der Niederschlagung der Proteste, sie hätten besser nichts gesehen und würden daher sicher nichts sagen. In Guinea bekamen Hilfesuchende den Rat, lieber kein Asyl in Deutschland zu beantragen.
Aber hat Deutschland den Willen, diesen von der „Ruandisierung“ – die Mongo Beti befürchtet– bedrohten Ländern auf einen anderen, den südafrikanischen Erfolgsweg zu helfen? Der einzige Vortrag eines Deutschen auf dem Kongreß, gehalten vom Politologen Rainer Tetzlaff, wird mit Enttäuschung entgegengenommen. „Alle sind uneingeschränkt für Mandela als neue Führungskraft Afrikas“, beschreibt er die deutsche Afrika-Politik; allgemein gebe es aber ein „auffallendes Nachlassen“ des deutschen Interesses – mit einem triftigen Grund: „Der Somalia-Schock sitzt tief.“ Mit den Problemen Kameruns und Guineas hat das wenig zu tun. Dominic Johnson
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