: Vulkan: 190 Millionen miese
■ Stragische Planung des Vulkan-Verbundes bei 6 Mrd Umsatz sieht für 1995 Gewinne vor
Wenn der Bremer Vulkan-Verbund seine Bilanzpressekonferenz macht, ist der größte Saal im Bremer Park-Hotel gerade groß genug. Weit über 50 Journalisten hatte Vorstands-Chef Friedrich Hennemann am Mittwoch versammelt, um ihnen den aktuellen Stand seiner Firmenstrategie zu erläutern. Daß 1993 in der Bilanz ein Verlust von 190 Millionen auftaucht und daß 1994 ca. 4000 der 28.000 Arbeitplätze abgebaut werden sollen, sind für den Firmen-Lenker nur eine Gelegenheit, darauf zu verweisen, daß der Unternehmensverbund voll im Plan liegt. „Strategische Planung“ ist das Stichwort, das Hennemann nicht müde wird den Journalisten einzuhämmern. Wie ein Feldherr scheint er die Kräfte zu sortieren: Am Anfang standen ein paar defizitäre Bremer Werften in aussichtsloser Lage. Da machte Hennemann einen zehn Jahres-Plan. Phase 1 (1987-1990) hieß: Konsolidierung der Werften. Phase 2 (1990-1993): Diversifikation. Der kränkelnde Schiffbau sollte im Konzern seinen zentralen Platz verlieren. Der Umsatz vervierfachte sich auf 6,14 Milliarden, der Anteil des Schiffbau sank von 97,8 (1987) auf 36,1 Prozent.
Phase 3 ist die Konsolidierung des Konzerns: Unrentable Elemente werden rationalisiert oder stillgelegt. 70 Millionen Altlasten der Senator-Linie wurden ausgebucht, 102 Millionen für Sozialpläne sind eingeplant, 500 Arbeitsplätzte in Vegesack und 800 in Bremerhaven sollen wegfallen. Ein Einstieg bei den Bremer Stadtwerken entspräche dagegen stragischer Planung: Der Verbund, der sich in maritimer Technologie engagiert, könnte sich durchaus einmal für maritime Energieerzeugung erwärmen.
Als ob die Widrigkeiten des Marktes für einen Mann wie Henneman und einen in acht Jahren zusammengezimmerten Konzern wie den Vulkan nicht gelten würden, verkündet der Vorstandsvorsitzende: 1994 wird ein ausgeglichenes Ergebnis erreicht, 1995 deutliche Überschüsse,.
„Ich bekommen gerade die Nachricht“, erklärte Hennemann mitten in der Bilanzpressekonferenz, „daß in Brüssen positiv entschieden wurde.“ Ein Drehbuchautor hätte die Szene nicht besser erfinden können: der Vulkan hatte seine Pressekonferenz um 24 Stunden verschoben, weil die Europäische Kommission just am Mittwoch über die Pläne des Bremer Vulkan zur Modernisierung der MTW am alten Standort in Wismar entscheiden wollte. Einen neuen Standort genehmigte Brüssel nicht, das verhinderte die dänische Konkurrenz. Immerhin wird der Vulkan-Verbund damit mit derzeit rund 2.300 Beschäftigten der größte Arbeitgeber in der Region Wismar. K.W.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen