: „Auschwitz-Lüge“ wird unter Strafe gestellt
■ Koalition einig über Entwurf / Verabschiedung noch in diesem Jahr
Bonn (AFP) – Die Verbreitung der „Auschwitz-Lüge“ soll nach dem Willen der Bonner Koalition künftig in jeder Form als Volksverhetzung unter Strafe gestellt werden. Die Leugnung des Massenmordes an Juden soll nach einem Gesetzentwurf des Justizministeriums mit bis zu drei Jahren Haft geahndet werden, verlautete gestern aus Teilnehmerkreisen nach einem Koalitionsgespräch im Kanzleramt. Die Koalitionsrunde stimmte dem Entwurf einmütig zu. Er soll bereits am nächsten Freitag nach der Beratung des Verbrechensbekämpfungsgesetzes im Bundestag behandelt werden. Damit könnte das Gesetz noch bis zur Sommerpause Gesetzeskraft erlangen.
Die „Auschwitz-Lüge“ wurde bislang juristisch unterschiedlich bewertet – von Volksverhetzung über Beleidigung bis zur Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener. Diese Gesetzeslücke soll nun geschlossen werden. Der Bundesgerichtshof hatte in einem umstrittenen Urteil am 15. März festgestellt, daß die Verbreitung der „Auschwitz-Lüge“ nach bislang geltendem Recht alleine nicht den Straftatbestand der Volksverhetzung erfülle. Nur wenn ein Angriff auf die Menschenwürde gegeben sei, indem sich der Täter beispielsweise nachweislich mit der NS-Ideologie identifiziere, könne die Leugnung der Massenmorde als Volksverhetzung verurteilt werden. Den daraufhin erhobenen Vorwurf, der BGH habe einen „Freibrief“ für die Verbreitung der „Auschwitz-Lüge“ ausgestellt, hatte das Gericht energisch zurückgewiesen.
Während die Verbreiter der „Auschwitz-Lüge“ künftig mit Sanktionen rechnen dürfen, bleibt die Verbreitung des rechtsextremistischen Schmähgedichtes „Der Asylbetrüger“ weiter straffrei. Das entschied das Oberlandesgericht Frankfurt in einem gestern veröffentlichten Urteil. Nach Ansicht des Gerichtes ist der Volksverhetzungsparagraph derart restriktiv gefaßt, daß eine Strafbarkeit des Pamphlets nicht festgestellt werden könne. (Az: 2 Ss 413/93)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen