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Schon wieder ein „Nationales Info-Telefon“ installiert

■ Verfassungsschutz hat FAP-Zentrale in Halstenbek im Visier / Pinneberger Antifa-Prozeß eingestellt

Die militante faschistische Freiheitliche Arbeiterpartei (FAP) hat gestern in Halstenbek ein weiteres „Nationales Info-Telefon“ in der Wohnung von FAP-Chef Glenn Goertz eingerichtet. Das bestätigte Schleswig-Holsteins Verfassungsschutzchef Michael Wolf gestern auf taz-Anfrage. Das Telefon wurde bereits in der Probephase vom Verfassungsschutz überwacht. Wolf: „Heute sollte es eigentlich richtig in Betrieb genommen werden.“

Das Halstenbeker Info-Telefon ist die zweite FAP-Einrichtung dieser Art im Norden. Bereits seit Monaten koordinieren die Neofaschisten von der Wohnung des FAP-Funktionärs Sven Sievert in der Eiffestraße 602c in Horn per Anrufbeantworter bundesweit ihre Aktionen und rufen dabei auch zur Hatz gegen Ausländer und Linke auf. Ob das neue Telefon zur Entlastung des Hamburger Anschlusses oder einer weiteren Regionalisierung diene, sei noch unklar: Wolf: „Die FAP versucht ja gern vorzuspiegeln, daß sie überall präsent ist.“

Ob gegen das Telefon von seiten der Staatsorgane vorgegangen wird, ist fraglich. Wolf: „Das wäre Sache von Polizei und Staatsanwaltschaft.“ Es sei aber momentan noch gegen keine Straftatbestände verstoßen worden, „weil sie ihre Ansage sehr vorsichtig formulieren.“

In Hamburg haben die Verfolgungsbehörden bislang das Info-Telefon mit Samthandschuhen angefaßt, obwohl von dem Anschluß zu Überfällen auf Antifaschisten und Immigranten aufgerufen wurde und der Ansagetext bis Herbst 1993 mit „Heil Deutschland“ endete. Lediglich in einem Fall ist ein Tonband von der Strafverfolgungsbehörde beschlagnahmt worden.

Unterdessen hat das Pinneberger Amtsgericht auf Kosten der Staatskasse das Verfahren gegen fünf junge Türken eingestellt, die an einer Aktion gegen die FAP-Geschäftsstelle in Halstenbek beteiligt gewesen waren. Dort hatte am 2. Dezember 1992 – eine Woche nach den Mordanschlägen von Mölln – Glenn Goertz zu einem FAP-Meeting geladen. Im Verlauf der Demo war es zu Auseinandersetzungen mit Neonazis gekommen, wobei ein FAP-Auto demoliert und fünf Neonazis verletzt wurden.

In der Beweisaufnahme stellte sich heraus, daß in der FAP-Geschäftsstelle Molotow-Cocktails, größere Menge CS-Gas sowie Baseballschläger gelagert waren. Das Gericht bescheinigte den Angeklagten in der Einstellungsbegründung, die von der Staatsanwaltschaft mitgetragen wurde, aufgrund der rassistischen Angriffe in Deutschland eine „außerordentlich starke emotionale Betroffenheit“, hinter der das öffentliche Interesse an einer Strafverfolgung zurückzustehen habe.

Die FAPler waren in diesem Verfahren als Nebenkläger durch den Hamburger Neo-Nazi-Anwalt Jürgen Rieger aus Blankenese vertreten worden, der früher den Neonazi-Führer Michael Kühnen vertreten hat.

Rieger darf seinerseits am kommenden Donnerstag erneut vor dem Kadi erscheinen. Er war in einem Kübelwagen angetroffen worden, auf dem Embleme von verfassungswidrigen Neonazi-Organisationen prangten. Peter Müller

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