piwik no script img

Per Hotelzug zum Frühstück nach München

■ Die Bahn hat sich für Berlin und Brandenburg viel vorgenommen / Zum Fahrplanwechsel sollen neben den Fernverbindungen vor allem Regionalexpreßlinien ausgebaut werden

Fürchteten sich die alten Männer in der Vergangenheit vor allem davor, an der Geschwindigkeit eines D-Zugs gemessen zu werden, wollen die Jungen heute nichts anderes mehr als InterCityExpress (ICE) fahren. Seitdem der „weiße Pfeil“ auch vor dem Bahnhof Zoo haltmacht, beträgt etwa die Fahrzeit von der Spree nach Frankfurt/ Main nur noch schlappe fünf Stunden. Und wen es in die Münchner Biergärten zu Weißwurst und Weißbier zieht, kann gleich drei Strecken wählen. Mit dem ICE über Frankfurt und Stuttgart (knapp über acht Stunden), mit dem ICE nach Fulda und von dort über Würzburg (knapp sieben Stunden) oder im Schneckentempo über Nürnberg und Augsburg. Und selbst hier blieb die Bahn den Beweis nicht schuldig, daß man auch Schnecken Tempo machen kann. Nach Abschluß der Gleisarbeiten bei Probstzella wird auch der InterCity (IC) Berlin- Nürnberg-München um eine halbe Stunde schneller und nunmehr nach knapp acht Stunden an der Isar ankommen.

Doch nicht überall, wo die Bahn künftig schneller ist, wird auch eine Schallgrenze durchbrochen. Zwar wird auch auf der Strecke Berlin- Hamburg künftig die Drei-Stunden-Grenze unterschritten, doch mehr als Vorkriegsgeschwindigkeit wird damit nicht erreicht. Und nachdem in Bonn das Signal für den Bau des Transrapids und gegen den Ausbau der ICE-Strecke gefallen ist, wird man auf eine schnellere Verbindung an die Elbe noch lange warten können.

Kundenfreundlichkeit ist eines der Ziele, das sich die Bahn AG seit ihrer Gründung aus der Bundesbahn und der Reichsbahn auf die Fahnen geschrieben hat. Das betrifft zum diesjährigen Fahrplanwechsel vor allem die Verbesserung des Fern- und Interregioverkehrs. Auch in Berlin und den neuen Bundesländern. So kommen zum Beispiel die Dresdner im September nun auch in den Genuß des ICE. Fahrzeit von Berlin: zwei Stunden. Im Interregio-Verkehr wird es eine durchgehende Verbindung zwischen Lübeck und Görlitz über Berlin geben. Neu schließlich ist auch der InterCity „Caspar David Friedrich“: Pünktlich zu Beginn des Sommerfahrplans können die Berliner nun nach Binz an die Ostsee. Aber auch Einschränkungen bleiben nicht aus: So wird die alte IC-Linie zwischen Hamburg und Dresden wegen der Bauarbeiten an der Berliner Stadtbahn geteilt. Wer in Nauen nicht rechtzeitig umsteigt, endet am Bahnhof Zoo und muß, will er zum Hauptbahnhof, künftig mit der S-Bahn Vorlieb nehmen.

Im Nahverkehr setzt die Bahn AG in Zusammenarbeit mit den Bundesländern Berlin und Brandenburg auf die neuen Regional- Expreß-Linien. Zwei Drittel des Brandenburger Einzugsgebiets und alle größeren Städte sollen bis 2002 dann mit Berlin im Taktverkehr verbunden sein. Den Auftakt macht im Sommerfahrplan ab Mai die Linie RE1, die künftig Berlin- Lichtenberg mit Frankfurt (Oder) im Stundentakt verbinden soll. Die Fahrzeit beträgt fünfzig Minuten. Im kommenden Jahr wird der Regional-Expreß dann nach Brandenburg (Stadt) führen.

Daß bei aller Liebe zum jung- dynamischen Bahnpublikum auch die alten Männer und ihre Angst vor der Geschwindigkeit berücksichtigt bleiben, dem trägt zu guter Letzt der InterCityNight (ICN) Rechnung. Da nämlich kann man es sich ganz gemütlich machen, in Charlottenburg um 22 Uhr ins Schlafabteil steigen und in München nach der Ankunft um 6.45 Uhr noch gemütlich im Zug frühstücken. Der ICN bleibt zu diesem Zwecke nämlich bis 9.30 Uhr auf dem Bahnsteig stehen. Uwe Rada

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen